Neuralink will Gehirnchips erstmals an Menschen testen

Neuralink will Gehirnchips erstmals an Menschen testen

Elon Musks Neuralink will blinden Menschen helfen, zu sehen, und Rückenmarksverletzungen heilen. Versuche an Menschen sollen bald folgen.

Elon Musks Start-up für Brain-Computer-Interfaces teilt in einer fast dreistündigen Präsentation Ergebnisse der eigenen Forschung. Neuralink will innerhalb der nächsten sechs Monate erstmals Versuche an Menschen wagen und unter anderem blinden Menschen wieder zum Sehen verhelfen.

Neuralink-Chip für drahtlose Kommunikation mit dem Gehirn

Neuralink möchte durch invasive Brain-Computer-Interfaces Informationen aus dem Gehirn gewinnen und im Optimalfall auch hineinbringen. Dadurch sollen auf lange Sicht Blindheit, Lähmungen oder neurodegenerative Erkrankungen geheilt werden.

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Erledigen soll das ein Gehirnchip, der aus tausenden Elektroden besteht, die in die Oberfläche des menschlichen Gehirns eindringen. Jede Elektrode besteht aus einem Draht, der dünner als ein Haar ist. Der Neuralink N1-Chip kommuniziert drahtlos mit einem Computer.

Neuralink will blinden Menschen Sehkraft verleihen

Während Neuralinks Event „Show and Tell“ stellte Forscher Dan Adams Verbesserungen der Technologie vor. In der ersten Generation verwendete Neuralink 1.024 Elektroden. Modelle der nächsten Generation sollen mit mehr als 16.000 Elektroden bestückt sein.

Dadurch verbessere sich laut Adams das Bild, das eine blinde Person durch den Neuralink-Chip sehen könnte, dramatisch. „Wenn man ein Gerät auf beiden Seiten des visuellen Kortex anbringt, erhält man 32.000 Lichtpunkte, um ein Bild bei einem Blinden zu erzeugen“, so Adams.

Neuralink zeigte auch praktische Einsatzmöglichkeiten des Gehirnchips. Der Affe „Sake“ folgt Aufforderungen, die durch den implantierten Chip übermittelt werden und tippt per Gedankensteuerung auf einer virtuellen Tastatur (ab Minute 49:00 in obigem Video).

Dabei werden visuelle Daten mit einer Kamera aufgenommen und in den visuellen Kortex des Affen gespeist. Der Affe sieht virtuelle Blitze, die er an verschiedenen Orten wahrnimmt. Neuralink will diese Technologie zu einer Sehprotese für blinde Menschen weiterentwickeln.

Brain Computer Interface könnte Lebensqualität für gelähmte Menschen verbessern

Um den Chip drahtlos aufzuladen, lockt Neuralink die Affen mit einem Smoothie unter ein Ladegerät. In einem weiteren Experiment nutzt Neuralink Elektroden, die im Rückenmark eines Schweins eingesetzt werden, um verschiedene Beinbewegungen zu steuern.

Mit dieser Technologie sollen künftig Menschen mit Tetraplegie (Erklärung), einer Form der Querschnittslähmung, ihre Hände wieder benutzen können. Der Chip stellt dabei die Verbindung zwischen Gehirn und Hand her und dient als Übermittler in beide Richtungen.

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Bewegungsbefehle des Gehirns werden abgefangen und an die Beine weitergeleitet. Gleichzeitig nimmt der Chip sensorische Signale der Extremitäten auf und informiert das Gehirn über die Bewegungsvorgänge.

Neuralink plant erneut erste Versuche bei Menschen

In den kommenden sechs Monaten sollen Neuralink-Chips erstmals bei Menschen eingesetzt werden. Ob der Zeitplan dieses Mal eingehalten wird, bleibt abzuwarten. Elon Musk kündigte schon 2020 während eines Podcasts mit Joe Rogan an, dass erste Gehirnchip-Tests mit Menschen anstehen würden. Innerhalb eines Jahres sollte es damals so weit sein.

„Wir sind extrem vorsichtig und wollen sichergehen, dass es gut funktioniert, bevor wir ein Gerät in einen Menschen einsetzen, aber wir haben, glaube ich, die meisten unserer Unterlagen bei der FDA eingereicht“, sagte Musk während der Präsentation am Mittwoch.

Bislang müssen für die Neuralink-Forschung Tiere herhalten. Obwohl der Gedanke hinter den BCIs – Menschen durch Technologie zu einem besseren Leben zu verhelfen – nobel ist, beeinträchtigt die Forschung das Leben anderer Lebewesen ungemein.

Neuralink-Forschung wegen Tierversuchen in der Kritik

Im Februar 2022 wurde bekannt, dass 15 von 23 Affen nach angeblichen Neuralink-Versuchen gestorben sind, bei denen ihnen der Schädel bis zu zehnmal aufgebohrt wurde, um Neuralink-Chips zu implantieren. Das Physicians Committee for Responsible Medicine (PCRM) verklagte daraufhin die University of California-Davis. Die dort im Auftrag von Neuralink durchgeführten Versuche hätten „extremes Leiden“ bei den Tieren verursacht.

„So gut wie jeder einzelne Affe, dem die Implantate in den Kopf gesetzt wurden, litt unter schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen“, so Jeremy Beckham, Leiter der PCRM-Forschungsabteilung. Affen seien mit einer nicht zugelassenen Substanz getötet worden, die Teile des Gehirns zerstöre. Es sei zu Gesichtstraumata, Krampfanfällen und wiederkehrenden Infektionen an den Implantationsstellen gekommen. Bilder, die Neuralink nicht auf der großen Bühne präsentiert.

„Ich denke, dass Neuralink sehr gut im Marketing ist und sehr selektive Videos erstellt. Aber die Realität ist viel düsterer, wenn man sich genauer anschaut, was diese Implantate für die Tiere bedeuten, denen sie ins Gehirn eingesetzt werden“, so Beckham.

Elon Musk selbst bestreitet die Vorwürfe: „Neuralink unternimmt große Anstrengungen, um die Tiere zu versorgen. Wir führen keine Forschungsarbeiten an der UC Davis durch - das ist eine fast ausschließlich staatlich finanzierte Einrichtung. Sie stellen uns eine kleine Anzahl von Makakenaffen zur Verfügung, und wir kümmern uns sehr gut um sie.“

Quellen: Neuralink, Stern