Hochauflösend wie die Retina: Hands-on mit Varjos VR-Brille
Das finnische Startup Varjo arbeitet an einer VR-Brille, die ausentwickelt 70 Megapixel bieten soll. Der US-Blog Road to VR konnte auf dem Mobile World Congress einen Prototyp ausprobieren.
Eines der vielen ungelösten Probleme aktueller VR-Technologie ist die niedrige Auflösung aktueller Displays. Da sich die Bildschirme nahe vor dem Gesicht befinden und durch eine Linse optisch vergrößert werden, erkennt man einzelne Pixel und deren Zwischenräume.
Mikrodisplays könnten diesen Fliegengittereffekt beseitigen. Das Problem: Aufgrund ihrer geringen Größe füllen sie nur ein sehr schmales Sichtfeld aus.
___STEADY_PAYWALL___Wandernde Pixel
Das Startup Varjo will dieses Problem lösen, indem es einen herkömmlichen VR-Screen mit einem Mikrodisplay kombiniert. Letzteres hat eine Diagonale von nur 1,8 Zentimeter, aber löst mit 1920 mal 1080 Bildpunkten auf, was einer extrem hohen Pixeldichte entspricht. Auf folgender Grafik ist dargestellt, nach welchem Prinzip die Displays verbunden werden.
Von rechts nach links abgebildet ist das menschliche Auge, eine Linse, ein bewegliches optisches Element über einem Mikrodisplay ("Fokusdisplay" genannt) und das große Standarddisplay ("Kontextdisplay" genannt).
Varjos Idee besteht darin, das Bild des Fokusdisplays mittels eines beweglichen optischen Elements auf das Kontextdisplay zu projizieren und zwar immer genau an die Stelle, an die der VR-Nutzer gerade blickt.
So erscheint der Bildbereich, den der Nutzer fokussiert, stets in der hohen Auflösung. Die Peripherie wird in der niedrigen Auflösung des Standarddisplays dargestellt, was jedoch nicht auffällt.
Wohin der Nutzer schaut, wird mittels Eyetracking erfasst. Kleine Motoren haben die Aufgabe, das optische Element entsprechend zu bewegen und damit die Pixel über das Kontextdisplay wandern zu lassen.
Das Prinzip erinnert an das Foveated Rendering, einem Renderverfahren, bei dem stets nur jener Bereich in voller Auflösung berechnet und dargestellt wird, auf die der Nutzer gerade blickt. In Anlehnung daran nennt das Startup seine Technologie "Foveated Display".
Es sind noch viele Probleme zu lösen
Varjos Konzept klingt vielversprechend. Offen ist, ob es in der Form umgesetzt werden kann. Schließlich müssen Augenbewegungen präzise genug erfasst und das Fokusdisplay mittels Minimotoren entsprechend bewegt werden, beides verzögerungsfrei.
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Wie das Fokusdisplay auf das Kontextdisplay projiziert wird, scheint ebenfalls noch offen: Varjo beschreibt in einem Patent acht verschiedene Methoden und sucht derzeit nach Spezialisten, die für das Startup spezielle Minimotoren entwickeln.
Sind diese Probleme gelöst, müssen die Ingenieure noch dafür sorgen, dass die Bilder der beiden Displays nahtlos ineinander übergehen.
Gelänge auch das, hätte Varjo eine brauchbare VR-Brille mit 70 Megapixel hergestellt. Zum Vergleich: Oculus Rift und HTC Vive stellen 1,2 Megapixel dar.
Ein Unterschied wie Tag und Nacht
Ben Lang vom US-Blog Road to VR konnte auf dem MWC einen Prototyp ausprobieren, der kein bewegliches Fokusdisplay bietet. Lang schreibt, dass das Bild in der Mitte des Sichtfelds extrem hoch aufgelöst ist und kein Fliegengittereffekt zu erkennen ist.
An den Rändern des Fokusdisplays, das ein Sichtfeld von circa 35 Grad ausfüllt, fiele die Auflösung auf ein Niveau, das man von herkömmlichen VR-Brillen kennt. Ein Bild illustriert, wie der Übergang ungefähr aussieht.
Der Unterschied zwischen den beiden Auflösungen sei "wie Tag und Nacht". Der Redakteur sah in der VR-Demo eine Sehprobentafel und beschreibt, wie das Fokusdisplay unscharfe Buchstaben in perfekt lesbare verwandelt.
Ein Video zeigt den Unterschied (siehe unten ab circa 0:10). Texturen würden stark von der höheren Auflösung profitieren und Details hervortreten lassen, die man sonst nicht erkenne.
Vorerst keine Version für Endkunden
Für die Bewegungserfassung nutzte der Prototyp Valves SteamVR-Tracking. Dieses soll auch in der kommerziellen Version zum Einsatz kommen, die für 2018 geplant ist. Laut dem Varjo-Mitarbeiter Jussi Mäkinen ist noch nicht entschieden, ob diese erste Version ein bewegliches Fokusdisplay bieten wird. Der Übergang zwischen den beiden Displays soll dank hard- und softwareseitiger Optimierungen weicher gemacht werden.
Die Zielgruppen seien nach wie vor Unternehmen und professionelle Anwender. Das liegt an dem hohen Kostenpunkt: Die VR-Brille soll zwischen 5.000 und 10.000 US-Dollar kosten. Varjo arbeitet bereits mit Interessenten zusammen, um deren Feedback umzusetzen. Gleichzeitig arbeitet das Startup an spezieller Software für das Gerät, darunter ein virtueller Arbeitsplatz, der physische Monitore überflüssig machen soll.
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