Diocletians Dream: VR-Zeitreise ins antike Split
Der Diokletianpalast in der kroatischen Küstenstadt Split gehört zu den besterhaltensten Bauwerken der Antike. Eine vor kurzem eröffnete VR-Attraktion erlaubt eine Zeitreise und zeigt Besuchern, wie die imposante Altersresidenz des römischen Kaisers Diokletian nach seiner Errichtung im Jahre 305 n. Chr. ausgesehen hat. Ich habe die VR-Erfahrung ausprobiert.
Seit vier Jahren lebe ich in Kroatien und befasse mich täglich mit Virtual Reality. Als ich hörte, das in Split die erste historische VR-Attraktion in Kroatien eröffnete, ließ ich es mir nicht nehmen, ihr einen Besuch abzustatten und mit der VR-Brille (Vergleich) in die Antike zu reisen.
Der circa 30.000 Quadratmeter große Palast ist Splits größte Touristenattraktion. Errichtet wurde er an der Schwelle zum vierten Jahrhundert. Auftraggeber war Diokletian, der einzige römische Kaiser, der freiwillig und gewaltfrei aus seinem Amt schied und in dem Palast seine letzten Jahre verlebte.
___STEADY_PAYWALL___Heute bildet der zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Palast die historische Altstadt Splits und lockt mit seinen architektonischen Schätzen, seinen Restaurants und Bars und einem Labyrinth verwinkelter Gassen jährlich knapp eine Million Touristen in die Stadt.
Sanfter Übergang in die Vergangenheit
Die VR-Attraktion Diocletians Dream befindet sich in unmittelbarer Nähe des Palasts, unweit der ehemaligen Palastmauern.
Bereits der Eingangsbereich stimmt mich auf die Zeitreise ein: Ich trete in einen Warteraum mit weißem Marmorboden und erblicke ein großes Plakat, das ein luxuriöses antikes Gemach zeigt. An der Wand hängt ein Grundriss des Palasts mit einer Legende, die zeigt, welche Orte ich gleich in Virtual Reality besuchen werde.
Ich trete durch einen schweren roten Vorhang in einen länglichen Vorführraum. An beiden Seiten befinden sich mehrere Sitzplätze, die durch hölzerne Trennwände voneinander getrennt sind.
Die Wände des Vorführraums sind im Stile eines Trompe-l'œil gestaltet und sollen den Eindruck erwecken, man befinde sich im Kellergewölbes des Palasts, das Besuchern der Stadt heutzutage offensteht. Selbst die realen Rundbögen des Vorführraums wurden in die optische Illusion eingebettet und treten hervor, als wären sie Teil des Kellers. Doch wer ist dieser alte Mann mit Fackel?
An der Seite eines Palastbürgers
Als ich eine Oculus Rift S (Guide) aufgesetzt bekomme, steht der hagere Mann plötzlich direkt vor mir, umgeben vom wuchtigen Gemäuer des Kellers. Er begrüßt mich und stellt sich als Diener Diokletians vor, dem die Aufgabe übertragen wurde, Besucher durch den antiken Palast des römischen Kaisers zu führen.
In den nächsten fünfzehn Minuten besuche ich an der Seite des Stadtführers die wichtigsten Sehenswürdigkeiten, so wie sie vor 1700 Jahren ausgesehen haben mochten. Ich laufe an Händlern vorbei durch eine Marktstraße, betrete das Mausoleum des Kaisers, bewundere das Peristyl in seiner ursprünglichen Gestalt und darf mich sogar in den prunkvollen Gemächern des römischen Herrschers umsehen.
Während des Rundgangs erfahre ich aus dem Mund des Stadtführers eine Menge über die Geschichte des Palastes und seines berühmtesten Einwohners.
Historiker halfen bei der Rekonstruktion
Die VR-Erfahrung besteht aus einem in Echtzeit gerenderten Film, der Kopfbewegungen räumlich erfasst und in die Virtual Reality überträgt. Den Palast auf eigene Faust erkunden oder mit ihm interagieren, kann man nicht. Eine Viertelstunde dauert die VR-Reise und jede halbe Stunde beginnt eine neue Vorführung.
Entwickelt wurde die VR-Zeitreise vom irischen Studio Emagine, das sich auf die Entwicklung historischer VR-Erfahrungen spezialisiert hat. Die Initianten der VR-Attraktion, der Kroate Tomo Taraš und der Ire Declan O'Rourke, hatten sich vor zwei Jahren entschieden, das VR-Projekt anzugehen und dem Studio den Auftrag dazu erteilt.
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Für die historische Recherche war Emagine verantwortlich mit der Hilfe lokaler Historiker. Die Entwickler flogen zudem mehrere Male nach Split, um sich einen Eindruck des Palasts zu machen, Gebäude zu scannen und Fotos für Texturen anzufertigen. Der antike Palast sollte so authentisch wie möglich rekonstruiert werden.
Interessant für Touristen ...
Grafisch ist die VR-Erfahrung ansprechend, wenn auch einfach gehalten. Die Gründe liegen nahe: Das Projekt wurde vom zweiköpfigen Start-up komplett aus eigener Tasche finanziert und von einem externen Studio entwickelt.
Das VR-Erlebnis ist aber auch ohne Millionenbudget und Grafikbombast ein absolutes Muss für Touristen, die den Palast besuchen und wird von der Stadt entsprechend vermarktet. Professionelle Stadtführer schwärmen von der VR-Erfahrung.
"Diocletians Dream bietet eine gute Einführung in den Palast und Kaiser Diokletian. Virtual Reality ist ein tolles Lernmedium für Kinder und Erwachsene", sagt die Stadtführerin Gytha Galić.
Verwundert war ich über den recht mutigen Einsatz künstlicher Fortbewegung. Ruckartige oder schnelle Kamerafahrten und Bewegung durch feste Objekte sind normalerweise Garanten für VR-Übelkeit. Die Betreiber erwidern auf meine Bedenken, dass die VR-Erfahrung gründlich getestet wurde und keiner der 200 Besucher sich bislang über Schwindel oder einen flauen Magen beschwerte.
... und Einheimische
Die VR-Erfahrung sei nicht nur für Touristen gedacht, sagt Taraš. Sie wurde auch im Hinblick auf Einheimische entwickelt, die sich dank der Zeitreise der Schönheit und Geschichte ihrer eigenen Stadt erneut bewusst würden.
Meine Reaktion war ähnlich, weil ich zahllose Male durch den Palast spaziert und mich dabei manches Mal gefragt habe, wie er zu Zeiten Diokletians ausgesehen haben mochte. Durch die VR-Erfahrung fühlte ich mich stärker mit der Vergangenheit und der Jahrtausende überdauernden Geschichte der Stadt verbunden.
"Diocletians Dream erweitert die Vorstellungen vom damaligen Leben in Split", sagt Stadtführerin Ives Cikatić. "Man kann Bücher lesen, Videos schauen und Artikel lesen, aber den Palast zu erleben, als wäre man in der Zeit zurückgereist, das ist eine verrückte Erfahrung."
Taraš erinnert sich an eine Reiseleiterin, die die VR-Attraktion besuchte. "Sie zitierte eine Studie, nach der sich Touristen gewöhnlich weniger als zehn Prozent der genannten Fakten merken können. Was von alledem bleibe und was zähle, ist der Eindruck, die Erfahrung", sagt Taraš.
Das Eintrittsticket für Diocletians Dream kostet derzeit reduziert circa 7 Euro. Plätze kann man auf der offiziellen Internetseite reservieren. Die VR-Erfahrung liegt in kroatischer, englischer, italienischer, französischer und demnächst auch in deutscher Sprache vor.
Titelbild: MIXED.de
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