Außerkörperliche Erfahrung mit Virtual Reality

Außerkörperliche Erfahrung mit Virtual Reality

Den eigenen Körper zu verlassen klingt fürchterlich, bedenkt man die Umstände, bei denen sowas passieren könnte. Aber auch fürchterlich spannend. Virtuell ist das jetzt möglich, ohne Angst haben zu müssen, dass man möglicherweise nicht zurückkommt. Erfinder ist der deutsche Tobias Gremmler, der zurzeit an der School of Creative Media an der City University von Hong Kong lehrt. Er ist Designer für Neue Medien, Motion Graphics und Interfacedesign. Zusammen mit Studenten forscht Gremmler an neuen Game-Interaktionen, die über bisher bekannte Erfahrungen hinausgehen sollen. Im Projekt "Virtual Embodiment" entstand mit nur einer Oculus Rift und zwei Kinect-Kameras eine ganze Reihe an experimentellen VR-Sessions. Das Video "Out-of-body experience", also das "Außerkörperliche Erlebnis", zeigt eine davon. Am Experiment nimmt der Student Adam Zeke teil.

Virtuelle Körperlosigkeit dank Oculus Rift

Adam Zeke steht in einem leeren, abgedunkelten Raum mit einem Stuhl. Die virtuelle Welt, die er durch die VR-Brille sieht, ist mit der realen Umwelt identisch. Er sieht sich und den Stuhl. Kann ihn anfassen, sich darauf setzen oder aus Versehen darüber stolpern. So wirkt die virtuelle Umgebung sehr echt und auch wenn Adam weiß, dass er ein virtuelles Trugbild sieht, überzeugt ihn seine visuelle Wahrnehmung durch die VR-Brille nach einigen Momenten vom Gegenteil. Das was er sieht, fühlt sich real an, so unwirklich es auch scheint. Der Student sieht ungläubig zu, wie ihm sein eigener Körper davon läuft.

Dieser Effekt ist durch zwei Kinect-Kameras möglich, deren Bilder live zu Oculus Rift gestreamt werden. Eine der beiden Motion-Capture-Kameras kontrolliert die Position der VR-Brille, die andere verfolgt die Bewegungen von Adam. Mit diesen unterschiedlichen Aufnahmen aus mehreren Richtungen und dem komplexen Tracking kann so eine Situation simuliert werden, in der sich Adam vorwärts bewegt, seine Sicht in der VR-Brille aber auf der zuletzt gespeicherten Position stehenbleibt. Sein Bildausschnitt bleibt auf seinen ursprünglichen Standpunkt fixiert, obwohl er sich in der Realität weiterbewegt. So kann sich der junge Mann plötzlich von hinten sehen und hat den Eindruck, dass er sich selbst davonläuft. Er fühlt sich körperlos.

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Außerkörperliche Wahrnehmung für Game-Experience

Das Ziel der Versuchsreihe ist es, herauszufinden, wie sich die visuelle Wahrnehmung an derartige Situationen anpasst. Die neu gewonnen Erkenntnisse sollen für Spiele oder andere VR-Anwendungen weiterentwickelt werden. Besonders interessiert waren Gremmler und sein Team an virtuellen Umgebungen, in denen die räumlichen Merkmale und die Selbstwahrnehmung immer abstrakter werden. Ergebnisse dieser ersten Studie zeigen, dass die visuelle Wahrnehmung leicht getäuscht werden kann, selbst wenn visuelle Informationen der Umwelt oder der Selbstwahrnehmung sehr stark verzerrt sind. Das Gehirn glaubt den Augen mehr als dem eigenen Körpergefühl oder bestehenden Erfahrungswerten. Auch dann, wenn das Gehirn weiß, dass die Informationen rein virtuell sind und nur durch die Linsen einer VR-Brille wahrgenommen werden. Dem Storytelling von VR-Games und Filmen scheinen folglich kaum Grenzen gesetzt zu sein.

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| SOURCE: syncon-d, Tobias Gremmler
| VIA: VRScout
| IMAGES: Vimeo
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