An diesem virtuellen Ort verraten Menschen ihre intimen Gedanken

An diesem virtuellen Ort verraten Menschen ihre intimen Gedanken

Update vom 12. Dezember 2019:

Ab sofort gibt's eine Oculus-Quest-Version von "Where Thoughts Go". Die ungewöhnliche Social-App ist für zehn Euro im Quest Store verfügbar.

Update:

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"Where Thoughts Go: Prologue" ist ab sofort bei Steam für HTC Vive, Oculus Rift und Windows Mixed Reality erhältlich. Der reduzierte Preis liegt derzeit bei rund 7,40 Euro.

Ursprünglicher Artikel:

In der Virtual Reality gibt es nun einen Ort, an dem Menschen ihre intimsten Gedanken und Gefühle anonym miteinander teilen können: Das außergewöhnliche VR-Netz "Where Thoughts Go" ist ab sofort für Oculus Rift erhältlich. Weitere Plattformen sollen folgen.

Das vom VR-Entwickler Lucas Rizzotto erdachte soziale VR-Netz Where Thoughts Go folgt nicht den typischen Mustern von Facebook und Co. Anstatt Nutzer mit möglichst viel Inhalt und Werbung vollzupumpen, legt die App Wert auf jeden einzelnen Gedanken.

Was anderen sozialen Netzen gleicht: die Inhalte werden von den Nutzern generiert und geteilt. Sie hangeln sich entlang von fünf persönlichen Leitfragen durch die VR-Erfahrung. Ihre Antworten werden in einer kurzen Tonaufnahme über das Oculus-Rift-Mikro gespeichert.

Nur wer einen eigenen Gedanken teilt, darf die der anderen Menschen erforschen. Das ist der Deal.

Gedanken entdecken

Die Gedanken anderer Nutzer schweben als freundlich lächelnde Wesen vor mir. Wenn ich eines dieser Gedankentiere berühre, öffnet es seine Knopfaugen und eine Audiodatei spielt ab. Dann höre ich einen anderen Menschen, der für mich über sich erzählt. Oder für sich?

Ein junger Mann verrät, weshalb - nicht wie - er sich das erste Mal verliebt hat. Eine ältere Dame erklärt, was sie ihrem jungen Ich raten würde. Ein markant klingender Herr, anhand dessen Stimme man es nie vermuten würde, berichtet über seine sozialen Ängste, die zu lange seinen Alltag bestimmt hätten.

Manche Menschen klingen fröhlich, andere traurig oder nachdenklich. Einige bereuen, andere klopfen sich auf die Schulter. Die ganze Bandbreite menschlicher Emotion steckt in diesen kurzen Audioschnippseln.

Anonyme Gruppentherapie in virtuellen Welten

Dann bin ich an der Reihe, einen Gedanken zu teilen: Was würdest du tun, wenn Du nur noch ein Jahr zu leben hättest?

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Ich gebe aus dem Bauch heraus eine Antwort, die mir ein paar Stunden später im Kopf nachklingt. Fragen sind ein mächtiges Werkzeug.

Vielleicht hat Rizzotto gar kein soziales VR-Netz erfunden - wie er es behauptet - sondern einen virtuellen Ort für die anonyme Gruppentherapie.

Bewusste Reise in die digitale Wohlfühloase

Jetzt könnte man natürlich nachvollziehbar argumentieren, dass Where Thoughts Go keine VR-Anwendung sein müsste, sondern auf jeder beliebigen Webseite stattfinden könnte. Technisch ist das korrekt, ja.

Aber es gibt zwei gute Gründe, die für Virtual Reality sprechen: Die von Rizzotto kreierten digitalen Welten sind Orte der Entspannung, an denen man einen Gedanken - und mit ihm ein Gefühl - zurücklassen kann.

Und sie sind getrennt vom Rest der Welt, vom Browserfenster, der Musik im Hintergrund und den Menschen um einen herum. Das lädt dazu ein, sich einzulassen.

Die Reise in die digitale Wohlfühloase tritt man bewusst an, wenn man sich die VR-Brille aufsetzt. Das ist mehr Wert als ein Klick auf ein Lesezeichen in der Browserleiste.

Keine Datenkrake

Laut Rizzotto sammelt Where Thoughts Go keine privaten Daten über den Nutzer. Sprachaufnahmen bleiben nur so lange auf den Servern gespeichert, bis der Erschaffer sie wieder löscht. Wer um seine Privatsphäre besorgt ist, kann den Klang seiner Stimme verändern. Man muss sich nicht registrieren.

"Das ist ein kleiner Teil eines größeren Plans, die Welt hin zu einem neuen Internet zu bewegen, das um bedeutungsvolle, emotionale Interaktionen aufgebaut ist", sagt Rizzotto. Er glaubt, dass das Wachstum seiner Plattform alle Erwartungen übertreffen wird.

"Ich bin fest davon überzeugt, dass VR uns zu aufmerksameren Menschen machen kann, indem sie uns als Plattform dient, um nachzudenken, andere Perspektiven zu erkunden und neue Erkenntnisse zu gewinnen", sagt Rizzotto.

Where Thoughts Go ist ab sofort als Betaversion für Oculus Rift erhältlich und kostet 9,69 Euro. Weitere Plattformen sollen folgen. Bislang haben laut App-Statistik rund 1.200 Menschen ihre Gedanken hinterlassen.