Canon EOS R6 Mark II mit VR180 im Test: Günstigere Alternative zur R5 mit Qualitätseinbußen

Canon EOS R6 Mark II mit VR180 im Test: Günstigere Alternative zur R5 mit Qualitätseinbußen

Wie gut ist die Canon EOS R6 Mark II mit dem VR180-3D Objektiv für immersive Fotos und Filmaufnahmen? 

Canon hat eine neue Firmware für das Kameragehäuse EOS R6 Mark II mit Unterstützung für das Canon 5.2 mm VR180-3D Objektiv veröffentlicht. Das ist Canons preiswerteste Option für den Einstieg in die Welt der immersiven Medienaufnahme. Aber kann diese Variante mit den bisherigen Modellen mithalten? Ich habe es getestet.

Test der Canon EOS R6 Mark II & 5.2 mm Objektiv für VR180 in aller Kürze

Canon hat per Firmware-Update die EOS R6 Mark II (Amazon) für die Benutzung mit dem VR180-Stereobjektiv RF 5.2 mm F2.8L Dual Fisheye freigeschaltet. Damit lassen sich immersive 3D-Medien in 180°x180° aufnehmen. Verglichen mit den bereits unterstützen Kameragehäusen R5 und R5 C, bietet die etwas günstigere R6 Mark II jedoch nur eine geringere Auflösung. Anhand von Vergleichsfotos komme ich zu der Meinung, dass sich die Ersparnis beim Kauf des Kameragehäuses R6 Mark II für eine gute VR-Experience nicht lohnt.

Canon EOS R6 Mark II & 5.2 mm Objektiv für VR180 sind für euch geeignet, wenn …

  • ihr bereits die EOS R6 Mark II besitzt und ihr euch experimentell mit 3D- und VR-Fotografie auseinandersetzen wollt und
  • euer Fokus auf freizeitlicher VR-Fotografie (6K) ohne Video liegt.

Canon EOS R6 Mark II & 5.2 mm Objektiv für VR180 sind für euch weniger geeignet, wenn …

  • ihr VR-Videos erstellen wollt (4K sind ungenügend für VR) und wenn
  • ihr die derzeit bestmögliche VR180-Qualität bei Fotos wollt.

Canons VR180-Geschichte

Anfang 2021 hat Canon das hochwertige Objektiv Canon RF 5.2 mm F2.8L Dual Fisheye veröffentlicht, mit dem sich VR180-3D Medien erzeugen lassen. Mit zwei 190°-Fischaugen Linsen, die ungefähr den durchschnittlichen menschlichen Augenabstand haben, kann man stereoskopisch eine Halbkugel vor sich aufnehmen. Das erzeugte Bild benötigt kein Stitchen wie bei 360°-Panoramen.

Allerdings konvertiert man zwecks Kompatibilität das Fischaugen-Bild bzw. -Video in ein sogenannten equirektangulares Format. So wie der Globus auf eine rechteckige Weltkarte projiziert wird, ist in dem equirektangularen Format für jedes Pixel die genaue Gradzahl auf der (Halb)Kugel bekannt. Damit ist das Medienformat herstellerunabhängig und zukunftssicher.

Die Reduktion von 190° auf 180° lässt sich leicht verschmerzen, da ohnehin bei diesem Winkel die jeweils benachbarte Linse im Randbereich das Bild dominiert. In der Praxis sind daher ohne sichtbare Linsen horizontal 173° nutzbar, was aber normalerweise gegenüber 180° nicht auffällt.

Canons Kameragehäuse für VR180 im Vergleich

Bis vor Kurzem benötigte man zur Benutzung des Canon 5.2 mm Objektivs zwingend entweder das Kameragehäuse EOS R5 (ca. 3.700 Euro, Amazon) oder EOS R5 C (ca. 4.300 Euro). Die Modelle sind annähernd identisch, nur wurde bei der R5 C der Bildstabilisator entfernt und ein zusätzlicher Lüfter eingebaut. Die R5 C kann statt 8K @ 30 fps dann auch 8K @ 60 fps Videos aufnehmen.

Wer die Kamera auch mit anderen Objektiven im 2D-Bereich nutzen will, der könnte wegen des Bildstabilisators eher zur R5 greifen. Wer mehr Fokus auf VR-Videos legt, ist mit der R5 C besser bedient. Zusammen mit dem Objektiv für ca. 2.300 Euro käme man damit auf ca. 5500 Euro bzw. ca. 6.600 Euro. Da es gelegentlich Cash-Back-Aktionen auf die Kameragehäuse gibt und auch eine Bundle-Variante aus R5 C und des VR180-Objektivs, ist der Preis in der Praxis etwas geringer. Es wird jedoch schnell klar, dass sich das Angebot an professionelle Nutzende richtet.

Im November 2023 hat nun Canon mit einem Firmware-Update ein weiteres Kameragehäuse für das 5.2 mm VR180 Objektiv freigeschaltet: die EOS R6 Mark II. In der folgenden Tabelle findet ihr einen Vergleich der drei zur Verfügung stehenden Kameragehäuse.

EOS R5 EOS R5 C EOS R6 Mark II
Erscheinungsdatum 07 / 2020 03 / 2022 11 / 2022
Megapixel Sensor 45 45 24
Fotoauflösung equirect 8192 × 4096 8192 × 4096 6144 × 3072
Videoauflösung equirect 8192 × 4096 @ 30 fps 8192 × 4096 @ 60 fps 4096 × 2048 @ 60 fps
Preis 3.399 € 4.290 € 2.649 €

Wie ihr in der Tabelle schnell erkennt, ist die R6 Mark II zwar etwas günstiger als die EOS R5 und hat 60 fps Video, allerdings ist die Fotoauflösung 44 Prozent geringer und die Anzahl der Pixel beim Video nur ein Viertel. Zwar nimmt die Kamera dank des Sensors Videos intern mit 6K-Oversampling auf, am Ende bleiben im gespeicherten Video jedoch nur 4K übrig.

Anhand dieser Daten muss man sich die Frage stellen, ob das für ein gutes Erlebnis in VR reicht?

Test: EOS R5 vs. EOS R6 Mark II für VR180

Ich habe den Test gemacht und die Canon EOS R5 gegen die R6 Mark II antreten lassen. Zuerst vergleiche ich Testaufnahmen einer Außenaufnahme, die ein detailliertes Muster aufweist. Ich betrachte dabei die ins equirektangulare Format konvertierten Bilder, da diese letztlich auch das Format haben, das man in VR beim Betrachten nimmt und damit praxisnäher als ein Vergleich der Stereo-Fischaugen-Bilder sind.

Testfoto VR180-Außenaufnahme mit der EOS R5 und dem 5.2 mm VR180 Objektiv. | Bild: Daniel Pohl

Im Vergleich hierzu der Crop aus dem Bereich des Testmusters:

Links: EOS R5. Rechts: EOS R6 Mark II. | Bild: Daniel Pohl

Nicht ganz unerwartet wird hier in der nicht interpolierten Vergrößerung klar, dass bei dem linken Bild der EOS R5 mehr feine Details sichtbar sind in Richtung Kreismitte, bevor Moiré-Effekte auftreten und die Farben zu Grautönen verschwimmen. Auch der Text unter dem Kreis ist bei der R5 klarer lesbar.

Wie verhält sich das in der Praxis? Auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt kamen beide Kameras zum Einsatz und nehmen im Hintergrund des Bildes die weit entfernten Türme der Sebalduskirche auf. Neben dem Fotomodus teste ich auch den Videomodus mit 4K auf der R6 Mark II.

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Testfoto VR180-3D in Nürnberg. | Bild: Daniel Pohl

Crop. Links: R5. Mitte: R6 Mark II Foto. Rechts: R6 Mark II Video Screenshot.

Links haben wir die EOS R5 als deutlich schärfere Kamera mit 8K Fotoauflösung. In der Mitte ist das Bild wegen der geringeren 6K-Auflösung der R6 Mark II mit weniger Details. Aus einem Screenshot des 4K-Videos der R6 Mark II könnt ihr erkennen, dass diese Auflösung mit nur einem Viertel der Pixel gegenüber der R5 nur noch begrenzt Sinn ergibt. Die leichte Farbvarianz zwischen den Bildern kommt aus einem unterschiedlichen automatischen Weißabgleich, den man idealerweise bei Fotos mit Schnee zuvor manuell festlegen sollte.

R6 Mark II: Keine Kaufempfehlung als reine VR-Kamera

Anhand der Auflösungsunterschiede zwischen der EOS R5 und der R6 Mark II konnte man es bereits erahnen: dieselbe Schärfe wird nicht erreicht. Ohne einem Megapixel-Wahn zu verfallen, wissen wir, dass bei Kamerasensoren nicht nur dieses Kriterium zählt, sondern auch die Größe, Qualität und Rauschfreiheit des Sensors. Sowohl die R5 als auch die R6 Mark II haben insgesamt sehr gute Sensoren, die qualitative hochwertige Medien erzeugen können.

Für Virtual Reality, wo sich unser Stereo-Bild auf die Halbkugel mit 180°x180° verteilt, hat die R6 Mark II mit 24 Megapixels bei Fotos aber noch nicht den Threshold überstiegen, ab dem die reine Auflösung nicht mehr der dominante Faktor in der Bildqualität wäre. Von der 4K-Videoauflösung, trotz internem Oversampling mit 6K, ganz zu schweigen.

Das ist Content, der VR und immersive Medien nicht voranbringen wird. Die preisliche Einsparung des ca. 20 Prozent günstigeren R6 Mark II Kameragehäuses gegenüber der R5 wird leider durch massiven Schärfeverlust erkauft. Lediglich Content Creator, die bereits eine R6 Mark II haben und in das Thema VR reinschnuppern wollen, haben im VR-Foto-Bereich die Möglichkeit, für die vorhandene Auflösung verhältnismäßig gute 6K-Fotos zu machen. Sie übertreffen dabei die qualitativ ältere 6K-Consumer VR180 Kameras wie die Lenovo Mirage Camera oder die Insta360 EVO deutlich. Der Schritt von Canon, das Modell R6 Mark II explizit für das VR180-Objektiv zu unterstützen, verwundert mich daher etwas. Vielleicht ging es intern mehr darum, die Firmware-Features für den Support des 5.2mm-Objektivs zu verallgemeinern, damit diese auch einfach von weiteren, zukünftigen Kameragehäusen mit höherer Auflösung unterstützt werden können.

Da brodelt nämlich die Gerüchteküche schon: Laut Canonrumors.com soll in Q1/2024 die EOS R5 Mark II vorgestellt werden. Zwar sind noch keine festen Daten bekannt, jedoch wird auf einen 62-Megapixel-Sensor spekuliert, der immerhin 38 Prozent mehr Pixel bieten würde als die aktuelle R5. Das würde sich auch beim Betrachten der immersiven Medien auf Geräten wie der Meta Quest 3 positiv auswirken.

Seit Jahren gibt es auch Gerüchte zu einer 100+ Megapixel Kamera von Canon. Konkrete Details sind leider rar. Jedoch könnten diese Bilder auch bei der Quest 3 und erst recht bei höheraufgelösten HMDs wie Apple Vision Pro ein deutlich immersiveres Erlebnis bieten. Im Consumer-Bereich von VR180-Kameras tut sich auch etwas Bedeutendes: Canon möchte dort, eine klappbare VR180-3D / 360-2D Kamera anbieten, die Fotos mit 8K und Videos mit 8K @ 30 fps aufnehmen kann. Mit einem geschätzten Preis von unter 1.000 Euro könnte dies für viele das gewünschte Kameramodell zur Aufnahme von immersiven Medien werden.

Disclaimer: Ich habe die EOS R6 Mark II mit dem 5.2 mm VR180 Objektiv von Canon Europe gestellt bekommen.

Unser Gastautor Daniel Pohl ist CEO und Gründer der Firma immerVR GmbH. Dort beschäftigt sich Daniel täglich mit den Neuerungen im Bereich immersiver Medien, meistens im Bereich der VR180 Stereofotografie. Mit seiner App immerGallery kann man immersive Fotogalerien, hinterlegt mit Voice-overs und Hintergrundmusik in verschiedenen VR-Formaten auf den Meta Quest-Brillen erleben.