Googles VR-Filmkünstlerin spricht über die Besonderheiten des Mediums
Die mehrfach ausgezeichnete Filmemacherin Jessica Brillhart ist seit 2015 Teil von Googles VR-Abteilung. Ihre Aufgabe besteht darin, das filmische Potenzial von Googles VR-Technologien zu erforschen. In einem Interview erzählt Brillhart, inwiefern sich für sie VR-Filme von traditionellen Filmen unterscheiden.
Für Brillhart sind VR-Filme nur bedingt dazu geeignet, klassische Geschichten zu erzählen. Sie zieht einen Vergleich zur Filmkunst, die vor hundert Jahren am gleichen Scheideweg stand: Sollte sie wie bisher ein älteres Medium wie das Theater kopieren oder ihren eigenen Weg gehen?
"In Der Mann mit der Kamera filmte Dsiga Wertow alltägliche Dinge und dann fanden er und seine Frau eine Möglichkeit, die Aufnahmen zusammenzuschneiden. Wertow wies alle Filme zurück, die vor ihm kamen, weil er dachte, dass sie nichts weiter tun, als das Theatererlebnis nachzuahmen. Wertows Idee war, dass die Kamera als ein körperloses Auge aufgefasst werden müsse, dass einem Pferd folgen oder unter einem Zug sein kann oder über ein Gebäude geworfen wird", erzählt Brillhart dem US-Techmagazin MIT Technology Review.
___STEADY_PAYWALL___Denselben Schritt in eine eigene, neue Richtung müsste jetzt auch der VR-Film gehen: "In Virtual Reality geht es darum, dass du dich physisch an einem anderen Ort befindest. Virtual Reality ist ein körperliches Medium. Künstler nehmen dieses losgelöste Auge und befestigen es in irgendjemandes Gesicht. VR-Filme erinnern uns an die Nuancen von Erfahrungen, was Menschen mit anderen Menschen, Orten, Dingen in der realen Welt verbindet. Das ist für mich der Schlüssel zum Verständnis dieser ganz eigenen Art von Geschichtenerzählen."
Die Freiheit des Blicks ist entscheidend
Brillhart glaubt, dass man sich an den Tschechen Tomáš Mariančík einst in derselben Weise erinnern wird wie an Dsiga Wertow. Mariančík hat mit "Sightline: The Chair" eine der verblüffendsten VR-Erfahrungen für das Entwicklerkit von Oculus Rift geschaffen. In Sightline sitzt man auf einem Stuhl und blickt um sich, wobei sich die Landschaft jedes Mal verändert, wenn man seinen Blick abwendet. Dreht man sich wieder in die andere Richtung, findet man andere Objekte und Landschaften vor sich.
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"Alles verändert sich, alles entfaltet sich. Die einzige Möglichkeit, es zu stoppen, besteht darin, sich nicht zu bewegen. Aber nach einer Weile bewegt man sich wieder ein bisschen und so geht es weiter. Es ist wie eine Droge, bei der du deine Ängste hinter dir lässt und dich euphorisch fühlst", sagt Brillhart. Für sie ist die Freiheit des Blicks, den VR-Filme bieten, entscheidend: "Stell mich nicht in einen Raum und sag mir nicht, wohin ich blicken soll. Das ist nicht die Art und Weise, wie dieses neue Medium funktioniert", meint Brillhart.
Als positives Beispiel für die Möglichkeiten des VR-Films, die Menschen zu überraschen, nennt Brillhart einen 360-Grad-Film namens "Resonance". Er zeigt ein junges Mädchen, das Violine spielt. Ziemlich schlecht Violine spielt. Dreht man sich um, erblickt man die Eltern, die im Türrahmen stehen und ihrer Tochter bewegt zuhören.
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