Wie die Computer der Zukunft das Digitale sinnlich und räumlich erfahrbar machen
Das Werkzeug Computer macht den Menschen zu einer Effizienzmaschine. Doch unsere Sinne verkümmern vor dem Display. Daher arbeiten wir an einer neuen Art Computer, die uns als sinnlich und räumlich wahrnehmende Wesen ernst nimmt.
Mit Hilfe von Computern arbeiten, kommunizieren und lernen wir effizienter als je zuvor. Für die technische Fortentwicklung der Menschheit war die Erfindung des vernetzten Rechners wie Brennspiritus, den man in ein offenes Feuer gießt.
Die Vorteile, die uns Computer im Alltag verschaffen, sind so groß, dass wir immer mehr Zeit in die Maschinen investieren. Viele Menschen verbringen einen großen Teil ihrer Arbeits- und Freizeit hinter dem Computerbildschirm.
___STEADY_PAYWALL___Heutige Computer lassen unsere Sinne verkümmern
Als sinnlich wahrnehmendes Wesen wird der Mensch vom Computer gnadenlos unterfordert, denn wir tauchen auf ganz rudimentäre Art in die digitale Sphäre ein. Unsere Sicht und unser Gehör werden nur anteilig gefordert. Vom Rest des Körpers ganz zu schweigen.
Das ist der Nachteil des Computers: Er beschneidet unsere Sinne massiv. Wer regelmäßig den ganzen Tag am Rechner sitzt, kennt das Gefühl der anschließenden Ganzkörpertaubheit. Der eigene Körper könnte ebenso gut nicht existieren, von ein paar Mausklicks und Bewegungen auf der Tastatur einmal abgesehen. An den Monitor gefesselt, geben wir viel von dem auf, was das Menschsein ausmacht.
[blockquote]2D-Inhalte und - Interfaces sind abstrakt und begünstigen die digitale Kluft[/blockquote]Inhalte erscheinen auf einer abstrakten Ebene. Sie flimmern auf einem flachen Display in einer vorgegebenen Perspektive. Die menschliche Wahrnehmungsfähigkeit reizt das lange nicht aus. Die gleichen Inhalte könnten einen ungleich nachhaltigeren Eindruck erzielen, würden sie die Klaviatur der menschlichen Sinne vollumfänglich bespielen.
Die mobile Revolution bringt alte Probleme auf die Straße
Der mobile Computer in Form des Notebooks und Smartphones schenkt uns mehr Freiheit. Für die digitale Dosis sind wir nicht mehr an einen bestimmten Ort gebunden. Doch die Mobilität hat ihren Preis.
Menschen erstarren in Zügen, Bussen, an der Haltestelle, auf dem Beifahrersitz – beinahe überall – und sind stärker fasziniert vom Inhalt in der digitalen Sphäre als von dem, was sie in der Realität umgibt. Wer in das Smartphone eintaucht, der blendet alles übrige aus. Unsere Wahrnehmung läuft im Notfallmodus, reagiert kaum mehr auf die Außenwelt.
[blockquote]Wer auf sein Smartphone starrt, dessen Wahrnehmung läuft nur noch im Notfallmodus[/blockquote]Das zeigt: Der Mensch muss keine VR- oder AR-Brille aufsetzen, um sich von der Außenwelt abzuschirmen. Das Smartphone-Display reicht vollkommen aus. Was zählt ist die menschliche Intention, nicht die Technologie.
Auch das bekannte Content-Paradigma bleibt mit dem Smartphone beinahe unverändert bestehen – flache Inhalte auf einem 2D-Display, die unser Sichtfeld einschränken und uns sinnlich im Vergleich zu Realität kaum stimulieren.
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Das Touch-Interface ist zwar weniger abstrakt als Maus und Tastatur und recht intuitiv bedienbar, wird aber letztlich nicht der Fülle an menschlichen Interaktions- und Wahrnehmungsfähigkeiten gerecht. Ein Klavierspieler versucht schließlich auch nicht, ein komplexes Stück mit nur einem Finger zu inszenieren.
Der Computer der Zukunft verwandelt die digitale Sphäre in einen sinnlichen erfahrbaren Ort
Wir sind so sehr an flache Inhalte und eindimensionale Interaktionsmechanismen gewöhnt, dass es schwer vorstellbar ist, dass Computer eines Tages in der Lage sein werden, digitale Umgebungen zu schaffen, in denen wir ähnlich sehen, hören und fühlen wie in der Realität. Ein Arbeitstag im Büro der Zukunft könnte sich nach Feierabend anfühlen, als hätte man auf der Baustelle gearbeitet.
Die VR- oder AR-Technologien, die uns aktuell zur Verfügung stehen, helfen ob ihrer technischen und bauartbedingten Restriktionen kaum dabei, so eine radikale Vision zu fördern. Diese Geräte sind nicht Highend, sondern das Hindernis, das es noch zu überwinden gilt: Die ersten unbeholfenen Gehversuche der Menschheit, die abstrakte digitale Sphäre in einen sinnlichen und räumlich erfahrbaren Ort zu verwandeln. Sie sind so weit von einem attraktiven Produkt entfernt wie das Nokia 3310 vom Leistungsumfang eines modernen Smartphones.
Es geht nicht darum, die Realität abzuwerten - das Gegenteil ist der Fall
Auf die digitale Revolution folgt die virtuelle Evolution, die im Kern drei wesentliche Verbesserungen bringt:
- Zukünftige Computer involvieren all unsere Sinne. Unser Körper wird zum Interface.
- Sie machen die Abstraktion des Digitalen rückgängig: Menschen, die herkömmliche Computer nicht bedienen können, interagieren in 3D-Welten so natürlich wie in der Realität.
- Sie machen die digitale Sphäre zu einem sinnlich erfahrbaren Ort und sorgen für eine stärkere Durchmischung der analogen und der digitalen Realität.
Häufig wird kritisiert, dass der Weg in die digitale Welt - unabhängig von der Inszenierung – einer Flucht vor der Realität gleichkommt. Die Befürchtung steht im Raum, dass diese Realitätsflüchtlinge mit noch besseren Technologien, die das Digitale erfahrbar machen, kaum mehr in ihre ursprüngliche Welt zurückkehren möchten. Doch dieser Gedanke verfehlt den Kern der Sache.
Denn bei der neuen Art Computer geht es nicht um eine Abwertung der Realität – im Gegenteil. Es geht um eine Aufwertung des digitalen Erlebens. Umso mehr Zeit Menschen in rein digitalen Umgebungen verbringen – und hier zeigt die Kurve steil nach oben - desto größer wird das Bedürfnis sein, diese digitale Welt mit allen Sinnen zu erfahren.
[blockquote]Virtual Reality ist keine Science-Fiction mehr[/blockquote]Die Virtual Reality ist keine Science-Fiction mehr, sondern sie umgibt uns längst. Bislang haben wir es versäumt, einen adäquaten Zugang zu ihr zu schaffen. Der Fernsehbildschirm, der PC-Monitor und das Smartphone-Display sind nur Gucklöcher in die virtuelle Welt. So als würde man durch ein beschlagenes Fenster in den Süßigkeitenladen starren und darauf hoffen, dass irgendwann die Tür aufgeht. Und das tut sie – der erste schmale Spalt ist seit diesem Jahr sichtbar.
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