Mit Virtual Reality gegen häusliche Gewalt: Täter erleben Opferperspektive

Forschende setzen Virtual Reality ein, um bei Gewalttätern Einfühlungsvermögen zu wecken. Das Programm zeigt erste vielversprechende Resultate.
In katalanischen Haftanstalten kommt ein neuartiges VR-Therapie-Programm zum Einsatz, das Tätern häuslicher Gewalt ermöglicht, ihre Handlungen aus der Perspektive ihrer Opfer zu erfahren. Die Anwendung „VRespectMe“ wurde vom Psychologen Nicholas Barnes entwickelt und läuft derzeit in sechs Gefängnissen der nordostspanischen Region.
Barnes, der für die katalanische Regierung tätig ist, arbeitete bei der Entwicklung mit der spanischen Justizbehörde und der Universität Barcelona zusammen. Gegenüber der London Times äußerte er, dass das Ziel sei, Männern mit gewalttätiger Vergangenheit zu mehr Mitgefühl zu verhelfen. Die ersten Auswertungen des Projekts deuten auf eine positive Entwicklung hin.
Journalistin muss Versuch abbrechen
Die britische Journalistin Rachel Sylvester probierte das System selbst aus und schilderte ein beklemmendes Erlebnis. Sie musste die VR-Brille vorzeitig abnehmen, da die Situation zu bedrohlich wurde. In der Simulation wurde sie mit abwertenden Kommentaren konfrontiert und fühlte sich durch den männlichen Avatar eingeschüchtert.
Seit dem Projektbeginn haben laut Medienberichten über tausend inhaftierte Männer an dem Programm teilgenommen. Die emotionalen Reaktionen waren teilweise stark: Manche Teilnehmer weinten während der Erfahrung, andere mussten die Simulation vorzeitig abbrechen.
Unterschiedliche Szenarien für maximale Wirkung
Das VR-Programm bietet verschiedene Szenarien, die unterschiedliche Aspekte missbräuchlichen Verhaltens abdecken. Neben verbaler Einschüchterung können die Teilnehmer auch Situationen sexueller Belästigung in öffentlichen Räumen miterleben.
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Besonders wirkungsvoll soll ein Modul sein, bei dem Teilnehmer zunächst Fragen beantworten müssen, wie „Warum hast du das getan?“ oder „Glaubst du, dass du nach deiner Haftentlassung wieder so handeln wirst?“. In einem zweiten Schritt werden ihnen dann ihre eigenen Antworten durch einen virtuellen Täter entgegengehalten. Barnes erklärt, dass diese Konfrontation mit den eigenen Rechtfertigungen für viele Teilnehmer erschütternd sei und Selbsttäuschung erschwere. Das Unbehagen während der VR-Sitzungen ist ein gezielter Bestandteil der Therapie.
Virtual Reality wird schon seit Jahren als Therapie-Werkzeug erprobt. Es gibt unter anderem VR-Therapien gegen Aggressionsprobleme, Essstörungen und Depressionen. Wie nachhaltig solche technologiegestützten Ansätze zur Rehabilitation von Straftätern sind, muss die weitere Forschung zeigen.
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