VR-Rekonstruktion: Mit Eyetracking römische Architektur verstehen
Eine Architektur-Studie soll Aufschluss über den Zusammenhang von Design und sozialem Status in antiken römischen Gebäuden geben. Wie hilft Virtual Reality dabei?
Forschende rekonstruieren ein Haus aus der römischen Stadt Pompeji vollständig in Virtual Reality. In virtuellen Rundgängen messen die Wissenschaftler:innen, welche Bereiche der antiken Räumlichkeiten die Aufmerksamkeit der Beobachtenden besonders auf sich ziehen. Eyetracking liefert dabei ganze neue Erkenntnisse.
Forschung will mit VR die Innenarchitektur antiker Häuser verstehen
Das Forschungsteam um Danilo M. Campanaro und Giacomo Landeschi bezieht sich in seiner Studie auf antike literarische Quellen, die auf die Bedeutung des Blickwinkels in der römischen Wohnarchitektur hinweisen.
___STEADY_PAYWALL___Wissenschaftler:innen untersuchen diese Quellen in den Überresten der von einem Vulkanausbruch zerstörten Stadt Pompeji. Die bisherigen Ergebnisse legen laut Campanaro und Landeschi nahe, dass die optische Axialität eine Schlüsselrolle in der Wahrnehmung römischer Gebäude und seiner politischen Bedeutung einnahm.
Es seien aber nach wie vor viele Fragen offen, etwa welche Räume für Besucher sichtbar waren oder wie die Gestaltung der Innenräume sich auf die soziale Atmosphäre auswirkte. Bei der Klärung liefern Virtual Reality und Eyetracking entscheidende Hinweise.
Eyetracking misst visuelle Aufmerksamkeit
In den letzten 15 Jahren hätten Wissenschaftler:innen verschiedene Techniken wie geografische Informationssysteme (GIS), 3D-Modelling und Virtual Reality kombiniert, um antike Gebäude digital zu rekonstruieren und die Motivation römischer Innenarchitektur zu verstehen.
Nun erhoben die Forschenden erstmals Daten zur visuellen Aufmerksamkeit von Beobachtenden in einer virtuellen Rekonstruktion und schickten dazu Freiwillige in VR auf einen Rundgang durch das berühmte „Haus der griechischen Epigramme“. Was zieht die Aufmerksamkeit der Beobachtenden besonders an? Das messen die Forscherinnen und Forscher mittels Eyetracking und ziehen aus den gesammelten Daten Schlüsse über das Design sowie die Motivation der römischen Innenarchitekten.
"Die Eyetracking-Technologie und die Virtual Reality bieten jetzt noch nie da gewesene Möglichkeiten, die visuellen Qualitäten antiker Räume zu bewerten", so Dr. Giacomo Landeschi. Um die Aufmerksamkeit der Probanden in der VR-Umgebung zu messen, verwendeten die Forschenden die VR-Brille HTC Vive Pro Eye.
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VR ermöglicht visuelle Erfahrung bei unterschiedlichem Lichteinfall
Das „House of the Greek Epigrams“ stand im Nordosten Pompejis und war mit vielen Fresken geschmückt. Im Jahr 79 n. Chr. zerstörte der Ausbruch des Vesuvs die Stadt und das Haus. Campanaro und Landeschi rekonstruierten das Gebäude komplett samt den Fresken und Gemälden in der 3D-Modelling Software 3D Studio Max.
Anschließend importierten sie das digitale Modell in die Spiele-Engine Unity, um es für die VR-Brille aufzubereiten und den Lichteinfall in das Gebäude zu simulieren. Fünf Studienteilnehmer:innen spazierten während zweier unterschiedlicher Szenarien durch das virtuelle Haus: Morgengrauen zur Wintersonnenwende und Mittag zur Sommersonnenwende.
Römer tricksten bei der Gestaltung ihrer Häuser
Für die Forscher ermöglichen die durch Eyetracking erfassten Daten interessante Einblicke. Die Interaktion zwischen Mensch und Umgebung kann so auf völlig neue Weise analysiert werden. Das ermögliche etwa Erkenntnisse über den Zusammenhang von Beleuchtung und der sozialen Erfahrung von Kunst, Graffiti oder Wandmalereien.
"Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, wie der Besitzer des Hauses die Sinne der Besucher anregte, um eine Botschaft über seine Macht und seinen Reichtum zu vermitteln", erklärt Danilo Marco Campanaro. Schräge Wände oder erhöhte Böden sollten antike römische Innenräume beispielsweise für Besuchende größer erscheinen lassen.
Laut Dr. Landeschi könne der nächste Schritt in dieser Studie darin bestehen, die Ergebnisse mit multisensorischen Untersuchungen zu überlagern, die den Geruchssinn und das Gehör mit einbeziehen.
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