HTC Vive: Viveport ausprobiert - Wie es funktioniert und wem es nutzt
Viveport ist eine Plattform von HTC, auf der man Anwendungen für HTC Vive kaufen und starten kann. Bisher nur in China verfügbar, ist Viveport seit Freitag auch in westlichen Ländern erhältlich. Wir haben uns den Dienst angesehen und uns gefragt, wem Viveport nutzt.
Die größte Überraschung gleich vorweg: Viveport setzt Steam voraus. Anfang des Jahres hatte HTC die Existenz von Viveport noch damit begründet, dass in China nicht alle Kunden Steam installieren wollen, um HTC Vive zu verwenden. Tatsache ist, dass Viveport auf Basis von SteamVR läuft und SteamVR ein Bestandteil von Steam ist. Der Nutzer hat also zwei Dienste parallel laufen, wenn er Viveport verwendet.
Viveport ersetzt Steam nicht, sondern ergänzt es nur
Hat man Viveport installiert (das Programm beansprucht rund 1 GB Platz auf der Festplatte) und sich ein Konto bei HTC eingerichtet, kann man Viveport endlich starten. Hier staunt man zum zweiten Mal, denn die Benutzeroberfläche sieht der von SteamVR zum Verwechseln ähnlich. Viveport, so wird einem klar, bietet kein eigenes Dashboard, sondern erweitert lediglich jenes von SteamVR um eine weitere Abteilung. So ist jetzt neben "Steam" und "Desktop" der Menüpunkt "Vive" zu finden. Wählt man diesen an, landet man in HTCs Ökosystem - obwohl es noch nach Steam aussieht.
___STEADY_PAYWALL___Jetzt erscheint ein Shop, der verfügbare Apps im Kachelformat anzeigt. In der rechten Spalte erscheinen Benachrichtigungen , die man auf dem Smartphone erhält - vorausgesetzt man hat das Telefon per Viveport-App und Bluetooth mit Viveport verbunden. Das ist eine praktische Funktion, die derzeit weder Oculus Home noch Steam anbieten und die Sony mit AnywhereVR für Playstation VR ebenfalls integrieren will. Leider gelang es im Test mit dem iPhone nicht, die Bluetooth-Verbindung herzustellen.
Verwirrendes UI-Design und enttäuschender Shop
Außerdem bietet die neue Ansicht zwei Menüpunkte, über die man zu weiteren VR-Umgebungen gelangt: "Vive Home" und "Viveport". Vor allem letzterer Menüpunkt verwirrt ungemein, zumal er nahegelegt, dass Viveport noch gar nicht betreten wurde. Wählt man letzteren Menüpunkt, so gelangt man in eine neue VR-Umgebung, einen futuristischen Bau. Dieser enthält den eigentlichen Store.
Im Store kann man von links nach rechts durch das breit gefächerte Portfolio an Anwendungen scrollen, ergänzende Informationen abrufen und Kundenbewertungen einsehen. Laut eigenen Aussagen möchte HTC mit Viveport einen Store anbieten, der sich in zweierlei Hinsicht von Steam unterscheidet: er soll handverlesene Inhalte bieten und Bereiche wie Kreativität, Produktion und Lernen in den Fokus rücken. Beim Durchsehen des Stores zeigt sich jedoch ein anderes Bild.
Die Auswahl an Titeln umfasst viele Spiele, darunter einige mit fragwürdiger Qualität. Ohnehin scheinen die meisten Apps auf Steam erhältlich zu sein und exklusive Inhalte sind nicht als solche gekennzeichnet. Laut offiziellem Blogeintrag sollte Viveport zeitlich exklusive Inhalte - sogenannte "Premieres" - bieten. Beispielsweise sollte eine neue Version der VR-Erfahrung "the Blu" verfügbar sein. Nach dem Kauf macht sich jedoch Enttäuschung breit: Die auf Viveport gekaufte Version ist identisch mit der Variante bei Steam.
Vive Home ist das Glanzlicht von Viveport
Kommen wir zu dem, was uns an Viveport gefallen hat: die VR-Umgebung namens Vive Home. Diese besteht aus verschiedenen Räumen, deren Inneneinrichtung frei gestaltet werden kann. Zurzeit stehen drei solcher Räume bereit, darunter eine Museumshalle, eine herbstliche Waldlandschaft und der bereits oben erwähnte futuristische Bau.
Innerhalb dieser Umgebungen lassen sich über ein Menü Gegenstände in den Raum importieren. Diese können vergrößert, verkleinert, rotiert und danach frei im Raum positioniert werden. Auch wenn die Auswahl an Gegenständen noch sehr überschaubar ist: Wer gerne dekoriert, wird große Freude an Vive Home haben.
Doch es lassen sich nicht nur Gegenstände in die Räume importieren, sondern auch Widgets, wie zum Beispiel ein Video-Player, der (360-Grad-)Filmmaterial von der Festplatte abspielt oder ein Browserfenster. Diese Elemente lassen sich dann wie die obigen Gegenstände beliebig manipulieren und im Raum anordnen. Das geht sehr gut von der Hand, sodass mein persönlicher Raum bereits in fünf Minuten eingerichtet war.
Da sich auf dieselbe Weise auch Verknüpfungen zu VR-Anwendungen erstellen lassen, könnte Vive Home dereinst nicht nur als Zufluchtsort, sondern auch als Ausgangspunkt für Reisen in den Cyberspace dienen. Das Design ist jedenfalls wegweisend, denn es überführt den altbekannten Desktop gekonnt in die Dreidimensionalität des neuen Mediums.
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Wem Viveport nutzt
Alles in allem spricht derzeit noch wenig dafür, Viveport nebst Steam zu installieren. Zu groß ist die Abhängigkeit von Valves Dienst und zu klein das Angebot an exklusiven Inhalten. So stellt sich die berechtigte Frage, weshalb HTC überhaupt daran gelegen ist, eine eigene Verkaufsplattform zu etablieren. Eine Antwort hierauf könnte lauten: Weil der Verkauf von Hardware allein das strauchelnde Unternehmen nicht wird retten können.
HTC möchte mit einer eigenen Verkaufsplattform ebenso wie seine Konkurrenten Oculus VR, Sony und Google ein möglichst großes Stück vom aufkeimenden VR-Softwaremarkt erobern. Dasselbe Ziel hat auch Valve mit Steam: das Unternehmen möchte sein im Bereich der Computerspiele geltendes Quasi-Monopol um Anteile an der neuen Industrie erweitern. Deshalb hat Valve auch eine eigene VR-Technologie entwickelt. Wird HTC Vive ein Erfolg, dann ist Valve diese Marktvorherrschaft auch in Zukunft gesichert.
Wieso, so könnte man sich fragen, lässt Valve dann überhaupt zu, dass HTC eine eigene Verkaufsplattform anbietet, zumal das Lighthouse genannte Trackingsystem samt der dazugehörigen Entwicklungsumgebung Valve gehört und HTC nur Hardwarepartner ist? Womöglich benutzt Valve Viveport als trojanisches Pferd, um sich Zutritt auf den chinesischen Markt zu verschaffen.
Valve dominiert mit Steam zwar den westlichen Markt, hat in China jedoch einen schweren Stand. Valves Strategie bestünde darin, dass mit jeder Installation von Viveport Steam auf chinesischen PCs mitinstalliert wird. Durch dieses Manöver könnte Valve seinen Umsatz in China erheblich steigern. Im Gegenzug überlässt Valve einen Teil des Umsatzes im Bereich der Non-Gaming-Applikationen den finanziell angeschlagenen Taiwanesen. Diese könnten sich damit ein zweites Standbein aufbauen.
Aus dem Hause HTC hörte man bereits, dass eine zweite Version der Vive-Brille sich nicht mehr in erster Linie an Gamer richten soll. Schon jetzt werden in Viveport zum Teil Werbeanzeigen für Steam eingeblendet, wenn es um VR-Spiele geht. Man sieht, dass bei dem Deal beide Seiten profitieren sollen.
Lies dazu: Virtual Reality bei Steam - HTC Vive ist nur der Anfang
Ein App Store für Anwendungen abseits von Games schadet nicht
Unabhängig von Valves strategischen Manövern hat HTCs VR-Chef Rikard Steiber vollkommen recht, wenn er davon spricht, dass der Industrie eine Plattform fehlt, die sich auf den Verkauf von VR-Anwendungen abseits von Spielen spezialisiert und diese entsprechend vermarktet.
In der Masse von Steams Spieleangebot würden solche Anwendungen untergehen. Umgekehrt sollte HTC so konsequent sein und Spiele aus Viveport weitgehend heraushalten. Das aktuelle Anwendungsportfolio unterscheidet sich nur gering von demjenigen auf Steam.
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