Holo-Display "Looking Glass Go" im Test: Gimmick oder geil?
Looking Glass Go ist ein portables 3D-Display für persönliche Fotos. Eine 3D-Brille wird nicht benötigt. Braucht man so etwas? MIXED hat es ausprobiert und kennt die Antwort.
Das New Yorker Start-up Looking Glass stellt seit 2020 3D-Displays in verschiedenen Formaten und Größen vor.
Im Jahr 2024 brachte das Unternehmen nach einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne sein bisher handlichstes Modell auf den Markt: das 6-Zoll-Display Looking Glass Go, das man mithilfe eines externen Akkus auch unterwegs nutzen kann.
Looking Glass bewirbt das Gerät als holografischen Bildrahmen, der persönlichen Fotos Tiefe verleiht. Alternativ kann man Looking Glass Go auch an einen Computer anschließen und animierte 3D-Modelle, Gaussian Splats und NeRFs visualisieren.
Für diesen Artikel konzentriere ich mich auf den primären Anwendungsbereich als 3D-Bildrahmen und beantworte folgende Fragen:
- Wie wirkt das 3D-Display und der Tiefeneindruck?
- Wie ist das Nutzererlebnis?
- Braucht man wirklich ein 3D-Display für persönliche Fotos?
Inhalt
Looking Glass Go: Test in aller Kürze
Looking Glass Go besticht durch einen verblüffenden 3D-Effekt und die Möglichkeit, eigene Smartphone-Fotos in holografische 3D-Bilder umzuwandeln und drahtlos in den integrierten Speicher des Displays zu übertragen. Leider leiden Hard- und Software noch an Kinderkrankheiten und der Preis ist für das, was das Gerät bietet, zu hoch.
Looking Glass Go wird euch gefallen, falls ihr …
- ein absoluter 3D-Nerd seid
- gern mit Display-Technik experimentiert und
- euren (alten) Fotos neues Leben einhauchen wollt.
Looking Glass Go ist für euch weniger geeignet, falls ihr …
- auf ein Taschenhologramm hofft,
- ausgereifte Hard- und Software erwartet und
- aufs Geld schauen müsst.
Erste Eindrücke
Looking Glass Go hat ein retro-futuristisches Design und könnte glatt als Requisite aus Ridley Scotts Blade Runner durchgehen. Die Verarbeitung ist gut, aber nicht so gut, dass ich es wagen würde, das Gerät auf den Boden fallen zu lassen.
Aufgeklappt dient es als 3D-Display oder Bilderrahmen, zugeklappt sieht es aus wie ein überdimensioniertes Smartphone, das gerade noch in die Hosentasche passt.
Das Gerät ist zwar tragbar, aber primär für den Gebrauch auf dem Schreibtisch, dem Regal oder an der Wand gedacht. Der Grund ist, dass Looking Glass Go keine Batterie integriert hat. Es wird entweder per Kabel an der Steckdose betrieben oder mithilfe eines externen Akkus. Looking Glass bietet ein entsprechendes Zubehör an, das optisch zum Gerät passt, aber für knapp 30 Euro separat erworben werden muss und lediglich zwei Stunden durchhält. Alternativ könnt ihr auch eine Powerbank per USB-C anschließen.
Bildqualität und Tiefeneindruck
Looking Glass Go nutzt ein spezielles Display, das nach dem sogenannten Linsenrasterprinzip (Wikipedia) abhängig vom Blickwinkel eine jeweils leicht verschobene Ansicht des Motivs darstellt.
Das Gerät kann in einem Blickwinkelbereich von 58 Grad bis zu 100 Ansichten eines Bildes darstellen. Bei Kopfbewegungen entsteht so die Illusion eines fließenden Perspektivenwechsels. Darüber hinaus wird für jedes Auge ein perspektivisch leicht abweichendes Bild pro Auge erzeugt, was einen stereoskopischen Tiefeneindruck schafft.
Beides funktioniert ohne 3D-Brille und für mehrere Personen gleichzeitig, solange sie sich innerhalb des unterstützten Blickwinkelbereichs befinden. Verlässt man diesen Bereich, wird das Bild schwarz.
Der räumliche Eindruck hielt sich in meinem Test erwartungsgemäß in Grenzen: Man hat eher den Eindruck, dass sich das Bild nach hinten in die Tiefe als nach vorn erweitert. Auf keinen Fall sollte man so etwas wie ein Taschenhologramm erwarten.
Unten findet ihr ein paar Videos, die ich aufgenommen habe. Beachtet jedoch, dass Smartphone-Videos nur den Perspektivenwechsel zeigen und nicht den stereoskopischen 3D-Effekt. Letzteren sieht man nur, wenn man das Gerät vor sich hat.
Eine Schwäche solcher 3D-Displays ist die geringe Auflösung und Helligkeit und auch Looking Glass Go leidet darunter. Der Hersteller gibt eine Auflösung von 1.440 mal 2.560 Pixeln an, aber die tatsächliche Auflösung wirkt bedeutend geringer. Wenn man das Display wie ein Smartphone in der Hand hält und betrachtet, kann man einzelne Pixel ausmachen. Auch die Helligkeit ist enttäuschend. Tagsüber, in einer gut beleuchteten Wohnung oder direkter Sonneneinstrahlung, wirkt es blass und kommt kaum zur Geltung. Erst bei schlechteren Lichtbedingungen und in der Nacht spielt es seine Stärke aus.
Die Weite des unterstützten Blickwinkels finde ich in Ordnung, ärgerlich ist jedoch, dass das Display nur im Hochformat betrachtet seine 3D-Wirkung entfaltet. Bilder, die im Querformat aufgenommen wurde, kommen nicht zur Geltung oder müssen entsprechend zugeschnitten werden.
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Ich habe verschiedene Bilder ausprobiert und festgestellt, dass Motive von Gegenständen und Personen, die aus nächster Nähe fotografiert wurden und einen tiefen Hintergrund haben, am besten wirken. Für Landschaftsaufnahmen ist das Hochformat nicht geeignet und die Auflösung unzureichend.
Companion-App
Um eigene Smartphone-Fotos auf das Gerät zu übertragen, nutzt man eine proprietäre Companion-App für iOS oder Android, die man per Bluetooth und Wi-Fi mit Looking Glass Go verbindet.
Ich habe keine sonderlich guten Erfahrungen mit der App gemacht. Hat man ein Foto hochgeladen, dauert es meistens Minuten, bis es aufbereitet ist und auf dem Display dargestellt wird. Das liegt wohl daran, dass Looking Glass mithilfe von KI zuerst Dutzende neue Ansichten des Fotos erstellen und anschließend auf die verschiedenen Blickwinkel auffächern muss. Wegen der langen Wartezeit bin ich dazu übergegangen, mehrere Fotos auf einmal hochzuladen und mich dann mit etwas anderem zu beschäftigen, bis der Prozess abgeschlossen ist.
Toll an der App ist, dass man Playlists von Fotos erstellen und Parameter wie den Fokusbereich anpassen und bei Bedarf in die Bilder hineinzoomen kann. Für die Zukunft wünsche ich mir mehr solche Bearbeitungsmöglichkeiten.
Looking Glass Go selbst ist ein simples Ausgabegerät. Man kann mit zwei Knöpfen zum nächsten oder vorherigen Bild springen oder ein Bild anhalten. Touch-Input oder anderweitige Interaktionsmöglichkeiten gibt es nicht. Obwohl das Gerät nur ein Display ist, hat es selbst damit Schwierigkeiten und benötigt manchmal Sekunden, um das nächste Bild zu laden, was das Betrachten von Serien von Bildern zur Geduldsprobe machen kann.
Fazit: Wie schlägt sich Looking Glass Go im Alltag?
Ich hatte Looking Glass Go jetzt eine Woche lang genutzt und möchte zum Schluss ein paar allgemeine Eindrücke festhalten.
Als VR- und 3D-Enthusiast hatte ich zunächst große Freude an dem 3D-Effekt und probierte viele Motive aus. Gerade alten Fotos haucht das Gerät neues Leben ein.
Der Reiz des Neuen verflog jedoch rasch und nach einer Weile blieb das Gerät ungenutzt liegen. Die langwierige Konvertierung von Inhalten dürfte ein Faktor sein, aber auch der Umstand, dass Looking Glass Go letzten Endes nur ein Ausgabegerät ist, mit dem man sonst nicht viel machen kann.
Nicht nur die Hardware, auch die Software haben gefühlt noch viel Potenzial nach oben und müssen reifen. Das Gerät fror beim Hochfahren mehrere Male ein und auch die Companion-App ist bei mir zweimal abgestürzt.
Langfristig würde das Display wohl auf meinem Schreib- oder Nachttisch landen, wo ich es aus der Nähe bewundern kann. Es in ein Regal zu stellen oder an einer Wand zu befestigen, ergibt meines Erachtens keinen Sinn, da der 3D-Effekt seinen Reiz nur aus der Nähe und bei schwachen Lichtverhältnissen entfaltet. Looking Glass verkauft einen passenden Rahmen, der mit knapp 30 Euro zu Buche schlägt.
Und damit kommen wir zum Elefanten im Raum: Looking Glass Go kostet ca. 300 Euro. Zu diesem Preis kann ich das Gerät nur absoluten 3D-Enthusiasten und Experimentierfreudigen empfehlen, für die Geld keine Rolle spielt. Denn für diesen Preis liefert das Gerät einfach zu wenig.
Zumindest in der heutigen Gestalt ist Looking Glass ganz klar ein sündhaft teures Gimmick, trotz an sich geilem 3D-Effekt.
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