Virtual Reality: Kein Gewöhnungseffekt bei VR-Übelkeit
Bei Twitter melden sich VR-Entwickler und -Enthusiasten zu Wort: Viele glauben nicht, dass sich unser Gehirn an künstliche Bewegung in der virtuellen Realität gewöhnt. Die VR-Übelkeit soll auch erfahrenen Nutzern erhalten bleiben. Einige Nutzer berichten sogar von einer höheren Empfindlichkeit.
Eine Reihe von VR-Entwicklern und -Enthusiasten hoffen darauf, dass sich das Problem der VR-Übelkeit früher oder später von alleine löst. In der Szene spricht man in diesen Kontext von "VR Legs" (VR-Beinen). Gemeint sind virtuelle Beine, die dem Gehirn antrainiert werden müssen, damit man sich auf diesen ohne Brechreiz in Virtual Reality fortbewegen kann.
Valves VR-Visionär Chet Faliszek widerspricht diesem Konzept bei Twitter jetzt entschieden. Er würde bereits seit drei Jahren VR-Systeme nutzen und "schlechte VR" - also mit künstlicher Fortbewegung - würde noch immer Übelkeit auslösen. Der Effekt sei sogar noch stärker geworden, da er mittlerweile an "gute VR" gewöhnt sei. "Können wir bitte aufhören, über VR-Legs zu sprechen? Sie existieren nicht." Faliszek ist mitverantwortlich für die Entwicklung der VR-Brille HTC Vive, die vornehmlich auf das Room-Scale-Konzept setzt. Bei der 1:1-Bewegung im virtuellen Raum ist Motion Sickness fast ausgeschlossen. Allerdings wird dadurch auch das Gamedesign stark limitiert. Klassische und sehr beliebte Spielkonzepte sind kaum mehr umsetzbar.
___STEADY_PAYWALL___Für sein Statement erntet Faliszek reichlich Zustimmung von Entwicklern. Colin Northway von Northway Games, verantwortlich für das VR-Puzzlespiel Fantastic Contraption, schreibt: "Das geht uns auch so. Wir sind davon überrascht, dass wir noch sensibler geworden sind." Der deutsche Entwickler Jashan Chittesh, der an Holodance für HTC Vive arbeitet, kritisiert die Ideenlosigkeit traditioneller Fortbewegungskonzepte in der virtuellen Realität. "VR-Legs ist eine Abkürzung für 'Ich will den VR-Hype nicht verpassen, aber ich habe keine neuen Ideen.'" Allerdings gibt es auch zahlreiche kritische Gegenstimmen, die sehr wohl an einen Gewöhnungseffekt glauben. In diesem Kontext wird meist auf Publikationen verwiesen, die nachweisen sollen, dass sich Matrosen an Seekrankheit gewöhnen können. Allerdings kommen bei Virtual Reality deutlich mehr Faktoren in Frage, die potenziell VR-Übelkeit auslösen können.
Can we stop talking about "VR legs"?
They don't exist.
3 years in and bad VR gets me sick as ever, more so as I am accustomed to good VR.
— Chet Faliszek (@chetfaliszek) 8. Juli 2016
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Das Konzept der "VR-Legs" schadet der Branche
Die VR-Spielebranche sucht fieberhaft nach einem speifreien Fortbewegungskonzept, denn aktuell kann ein Großteil der klassischen Spielkonzepte nicht für die virtuelle Realität adaptiert werden. Viele VR-Spiele - ausgenommen solche mit einer Cockpitansicht - verzichten derzeit gänzlich auf künstliche Fortbewegung oder setzen diese nur in einem so begrenzten Umfang ein, dass das Spielerlebnis darunter leidet.
Problematisch am Konzept der VR-Legs ist, dass die Verantwortung vom Entwickler auf den Nutzer übertragen wird. Wird dem Nutzer bei einem Spiel übel, ist nicht der Entwickler verantwortlich, sondern der Nutzer hat einfach nicht genug trainiert. Wenn das der Ansatz ist, mit dem ein größerer Markt erschlossen werden soll, dann dürfte VR als Spielemedium wohl scheitern. VR-Enthusiasten mögen den Trainingsprozess vielleicht über sich ergehen lassen. Der durchschnittliche Spieler wird die VR-Brille aber schnell enttäuscht beiseitelegen.
Zuletzt gab es auf der E3 2016 massive Beschwerden bezüglich VR-Übelkeit, sowohl aus der Fachpresse als auch von Messebesuchern. Diese richteten sich besonders gegen Resident Evil VII. Capcoms Entwickler portierten das Fortbewegungskonzept der Konsolenversion ohne Änderungen in die VR-Brille. Dadurch wurde Testern reihenweise übel. Auch der Shooter Farpoint für Playstation VR setzt auf künstliche Fortbewegung via Joystick. Das Ergebnis: Ein Redakteur des US-Magazins Polygon beschwert sich über Schweißausbrüche. Selbst wenn es einem Teil der VR-Nutzer also gelingen sollte, sich einen eisernen Magen anzutrainieren: Wenn im Netz genug Beschwerden über VR-Übelkeit auftauchen, werden sich viele Spieler den Kauf einer VR-Brille mehrfach überlegen.
Habt ihr Probleme mit Motion Sickness? Teilt eure Erfahrungen im VRforum.
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