Virtual Reality im Online-Recruiting

Virtual Reality im Online-Recruiting

Oliver Erb ist beim Energieversorger EnBW dafür zuständig, junge Menschen für eine Ausbildung im Unternehmen zu gewinnen. Keine ganz einfache Aufgabe, muss er doch zum Teil sehr junge Menschen für komplexe Themen begeistern. Nun startet EnBW einen Versuch mit Virtual Reality. In 360°-Videos kann der potenzielle Mitarbeiter seine zukünftige neue Ausbildungsstätte virtuell begutachten und steht dabei mitten unter seinen neuen Kollegen. Über die YouTube-App für Android funktioniert das auch mit einer VR-Brille wie Google Cardboard.

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VRODO: VR im Recruiting - das ist ziemlich neu. Woher kam die Idee?

Oliver Erb: Im Personalmarketing geht es bei den meisten Maßnahmen darum, Kandidaten einen Einblick in das eigene Unternehmen zu gewähren. Dieser sollte jedoch nicht eine unrealistische Fantasiewelt aus der Hochglanzbroschüre zeigen, sondern möglichst authentisch sein. Bislang führte der übliche Weg über soziale Medien und “klassische” Arbeitgebervideos.

___STEADY_PAYWALL___ [blockquote cite="Oliver Erb, EnBW"]Als ich aber überlegt habe, wie man einen potenziellen Bewerber wirklich mitten in den Arbeitsalltag holen kann, war das Thema Virtual Reality relativ naheliegend.[/blockquote]

VRODO: Welchen positiven Effekt versprechen Sie sich im Vergleich zu einem "herkömmlichen" Recruiting-Video? Warum wurde VR als Medium gewählt?

Erb: Wir sind jetzt als erstes (mir bekanntes) Unternehmen mit VR an den Start gegangen. Das sorgt erst einmal für eine gewisse Aufmerksamkeit. Abgesehen davon ist VR eine tolle Möglichkeit, Inhalte aktiver zu erleben. VR befreit den Nutzer aus der passiven Zuschauerperspektive und gibt ihm die Möglichkeit, das Geschehen um ihn herum zu bestimmen, auch wenn es erstmal nur der Bildausschnitt ist. Das motiviert auch dazu ein Video länger oder sogar mehrfach anzusehen und alle Ecken zu erkunden.

Wir werden in den nächsten Wochen noch etwas stärker experimentieren und Virtual Reality auch in Kombination mit Storytelling einsetzen. Konkret wird das dann so aussehen, dass der Zuschauer dem Interviewten im Video folgen muss, weil dieser z.B. an einer Maschine “hinter” der Kamera etwas vorführt. Wo im klassischen Video ein Schnitt gekommen wäre, muss jetzt der Zuschauer selbst hinter sich schauen. Das sind einfach verdammt coole Möglichkeiten, den Zuschauer stärker einzubeziehen.

VRODO: Wie wurde die Aufgabe technisch gelöst und was haben Sie dabei gelernt?

Erb: Ursprünglich wollten wir auf die Panono-360°-Kamera warten. Doch nachdem sich die Produktion verzögerte, habe ich mich nach Alternativen umgeschaut und bin bei der Ricoh Theta M15 gelandet. Hierbei handelt es sich um eine der wenigen überhaupt käuflichen Kameras für 360°-Fotos und -Videos.

Wenn man sich die Ergebnisse anschaut, dann bestechen sie nicht gerade durch eine hohe Bildqualität. Das kommt daher, dass ich als Betrachter natürlich immer nur einen Teil des Bilds sehe, den Ausschnitt also vergrößert wahrnehme. Für sehr gute Ergebnisse muss ich also mehrere Kameras kombinieren - und das war für den ersten Test mit knappem Budget noch nicht drin.

Und was den Einsatz in Unternehmen betrifft, so muss man natürlich eine gewisse Vorsicht walten lassen. Das beginnt beim Einholen einer Einverständniserklärung für wirklich alle Personen im Raum und endet beim umfassenden Blick durch die Räumlichkeit, ob nicht irgendwo vertrauliche Informationen auf den Tischen liegen oder am Whiteboard stehen. Eine 360°-Kamera sieht alles, da muss man sich erst einmal dran gewöhnen.

VRODO: VR-Brillen, um VR auch richtig zu nutzen, sind bisher kaum verbreitet. Sind begleitende Maßnahmen geplant wie beispielsweise kostenlos Cardboards an potenzielle Kandidaten zu versenden mit der Aufforderung virtuell mal reinzuschauen?

Erb: Wir schauen jetzt mal, wie sich das alles entwickelt. Wie gesagt, wir sind erst einmal mit einem relativ schmalen Budget angetreten. Jedem Bewerber ein Cardboard zu schicken, würde da schon ordentlich ins Geld gehen.

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Ich kann mir aber beispielsweise einen Messestand mit einigen VR-Brillen vorstellen. Damit fällt man nicht nur auf und erzeugt einen “Hey, ich will auch”-Effekt, sondern die Videos lassen sich toll damit verknüpfen, wenn zum Beispiel ein Azubi direkt erklärt, was man da sieht.

[blockquote cite="Oliver Erb, EnBW"]Oft haben Schüler ja nur eine vage Vorstellung davon, was im Arbeitsalltag von Unternehmen X oder Y passiert. Wenn man dank VR schon mal virtuell reinschnuppern konnte, hat man plötzlich am Messestand ganz andere Möglichkeiten, mal schnell was aus der Praxis zu zeigen.[/blockquote]

VRODO: Recruiting ist nur ein Kommunikationsfeld von vielen für große Unternehmen - gibt es auch in anderen Bereichen Potenzial für Virtual-Reality-Produktionen?

Erb: Auf alle Fälle. Ich kann mir VR überall vorstellen, von der Unternehmenskommunikation bis zum Marketing. Vielleicht haben wir eines Tages sogar Videokonferenzen in 360°. Die Möglichkeiten sind da wirklich vielfältig. Wir werden, da bin ich mir sicher, in naher Zukunft viel mehr VR sehen, sobald die Hardware zur Aufnahme solcher Videos einen gewissen Reifegrad erreicht hat.

VRODO: Virtual Reality ist ein Thema, das seit mehr als zwei Dekaden immer wieder diskutiert und versprochen wird. Ist die Zeit nun reif?

Erb: Ich denke mal, damals ist Virtual Reality einfach an den technischen Limits gescheitert. Heute haben wir jedoch UHD-Displays, Surround-Sound-Kopfhörer und Endgeräte mit entsprechender Rechenleistung, um VR auch wirklich zu einem tollen Erlebnis zu machen.

[blockquote cite="Oliver Erb, EnBW"]Die Technik ist reif, nun werden Inhalte und Preis entscheiden, ob sich VR diesmal durchsetzen kann.[/blockquote]

VRODO: Was war ihr persönlicher Aha-Moment bei Virtual Reality?

Erb: Da gab es eigentlich zwei Momente. Ich erinnere mich daran, dass CNN um 2010 herum bereits 360°-Videos auf der Webseite eingesetzt hat. Das war für mich damals das erste Mal, dass ich so eine Technik im Einsatz gesehen habe. Google Streetview kannte man ja schon zu der Zeit, aber die Möglichkeit, sich in einem laufenden Video umzuschauen, hat mich damals schon begeistert.

Der zweite Aha-Moment kam dann deutlich später, als ich ein Videos zur Oculus Rift auf Youtube angeschaut habe. Das war damals noch technisch relativ simpel, ein ganz frühes Stadium, aber trotzdem habe ich gebannt 30 Minuten vor dem Video gehockt. Spätestens da wusste ich, dass ich so was auch mal haben will - sobald Inhalte und Preis stimmen.

Die Karriereseite von EnBW ist hier zu finden.

| SOURCE: VRODO
| VIA: EnBW
| IMAGES: EnBW, YouTube

 

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