Oculus Rift: Klettersimulation “The Climb” im Test

Oculus Rift: Klettersimulation “The Climb” im Test

Mit „The Climb“ legt Crytek als eines der ersten großen Entwicklerstudios so etwas wie ein „Triple-A“-Spiel vor, das von Grund auf für Virtual Reality konzipiert wurde. Wir haben keine Höhenangst und trauen uns auf den virtuellen Felsen.

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Klettern ist eigentlich alles andere als ein körperloser Sport. Im Gegenteil, wer schon einmal an einer Wand hing, der weiß, dass man alles braucht, was der eigene Körper hergibt:  Strategie, Kraft und Geschick. Eine mutige Entscheidung also, ausgerechnet einen so martialischen und intensiven Sport wie Free-Climbing originalgetreu in die immaterielle virtuelle Realität übertragen zu wollen. Denn eigentlich passen diese beiden Welten nicht so recht zueinander.

Wie gemacht für Oculus Touch

Da ist ein Elefant im Raum und wir sollten ihn direkt ansprechen. Der größte Fehler an „The Climb“ ist einer, den Crytek nicht direkt zu verantworten hat. Die  Authentizität des Spielgefühls leidet enorm darunter, dass man nur ein gewöhnliches Gamepad in der Hand hält. Gefühlt wachsen einem die beiden Kletterhände aus den Ohren, der Immersion kommt das nicht zugute.

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[blockquote]Grafik und Atmosphäre sind außerordentlich gut gelungen.[/blockquote]

Apropos Felsen: Davon gibt es insgesamt drei, die allesamt grafisch aufwändig und mit vielen Details in Szene gesetzt wurden. Man begegnet Adlern, Hubschraubern, Wandmalereien und bei zuviel Anstrengung tropft dem virtuellen Alter Ego der Schweiß von der Stirn. Wahlweise klettert man im asiatischen Raum in einer Strandumgebung, wuchtet die virtuellen Hände in den USA durch ein rotes Gebirge gen Gipfel oder durchquert die Alpen. Jeder Berg bietet mehrere Routen in drei Schwierigkeitsgraden. Die virtuellen Hände kann man optisch ein wenig frisieren, zum Beispiel der eigenen Hautfarbe anpassen oder in andere Handschuhe oder Armbänder einkleiden. Das Spielerlebnis beeinflusst das zwar nicht, aber wer Spaß am Spielprinzip hat, hat so einen guten Vorwand, um mehrfach auf Klettertour zu gehen.

Für weitere Motivation sollen eine Highscore-Liste, zahlreiche Wettbewerbe innerhalb einer Bergwelt, eine Endlos-Kletterwand und besonders herausfordernde Boulderhallen sorgen. Freuen dürfen sich auch Sammler, denn abseits der vorgegebenen Pfade gibt es einige versteckte Gegenstände zu entdecken. Einsteiger können den Gipfel auch ohne Leistungsdruck als Tourist erklimmen. Wer einen empfindlichen Magen hat, sollte allerdings aufpassen, denn es gibt viele künstliche Kamerabewegungen.

Fazit: Warten auf Oculus Touch

„The Climb“ zum jetzigen Zeitpunkt zu bewerten, ist keine einfache Aufgabe. Handwerklich ist der Titel auf einem hohen Niveau und wurde mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet. Der Umfang ist ok, Grafik und Atmosphäre sind außerordentlich gut gelungen. An Abwechslung mangelt es dem Spiel leider, nach der ersten Stunde hat man alles gesehen, ab dann folgt nur noch Wiederholung.

[blockquote]"The Climb" macht die größte Schwäche virtueller Welten offensichtlich.[/blockquote]

Das Kernproblem ist aber ein anderes: Obwohl die Klettersimulation explizit für Virtual Reality entworfen wurde, fühlt es sich eher an wie ein gewöhnliches Spiel, das man durch eine VR-Brille erlebt. Das Spielkonzept nutzt die Stärken des neuen Mediums nur zum Teil aus, macht im Gegenzug aber die größte Schwäche, nämlich die fehlende Körperlichkeit, sehr offensichtlich.

Ob die Oculus-Touch-Controller dieses Problem grundlegend lösen können, ist fraglich. Aber wer sich noch gedulden kann, sollte den Kauf von „The Climb“ zumindest bis Herbst vertagen. Dann muss die Klettersimulation neu bewertet werden und bis dahin spare ich mir ein endgültiges Urteil auf.

In jedem Fall gebührt Crytek Applaus dafür, dass sich das Studio früh an das neue Medium wagt und dabei nicht auf Nummer sicher geht, sondern sich auf ein Experiment einlässt. Auf lange Sicht wird dabei etwas Tolles entstehen.

| Featured Image: Crytek | Gif: Graham Place