Canon RF-S 7.8mm im Test: Das 3D-Nahaufnahme-Objektiv für Spezialisten

Canon RF-S 7.8mm im Test: Das 3D-Nahaufnahme-Objektiv für Spezialisten

Exklusiv für die Canon EOS R7: Canons spezialisiertes RF-S 7.8mm Objektiv für 3D-Nahaufnahmen im Experten-Test.

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Ein Artikel von Daniel Pohl

In letzter Zeit hat sich im Bereich der Erstellung von 3D-Inhalten für Virtual Reality viel getan: Apples iPhone kann 3D-Fotos und -Videos erstellen, Xreal Beam Pro erweist sich als eine der besten und günstigsten 3D-Kameras im Smartphone-Formfaktor und mit Acer SpatialLabs Camera Eyes (ASEC-1) steigt Acer mit einer sehr guten 3D-Kamera in dieses Marktsegment ein. Alle diese Produkte erzeugen „reguläres 3D“, wie man es aus dem 3D-Kino kennt.

Canon hingegen hat sich bisher auf die noch immersiveren 180°-3D-Bereiche konzentriert, etwa mit dem Canon 5.2mm Dual Fisheye und dem kürzlich erschienenen Mittelweg einer 144°-3D Linse. Aber jetzt bringt Canon auch ein Objektiv für die kurzwinkligere 3D-Erzeugung auf den Markt, mit einer Besonderheit, die ich in diesem Artikel näher betrachte: ein 3D-Objektiv für Nahaufnahmen.

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Das Canon RF-S 7.8mm F4 STM Dual Lens Objektiv in aller Kürze

Mit dem RF-S 7.8 mm-Objektiv erweitert Canon sein 3D-Portfolio und dringt in einen derzeit nahezu unbesetzten Bereich ein: 3D-Nahaufnahmen. Dies ermöglicht einmalige Aufnahmen, ist aber durch den speziellen Anwendungsfall nicht für jeden das geeignete Objektiv.

Das Canon RF-S 7.8mm Objektiv ist für euch geeignet, wenn …

  • ihr Interesse an der Erstellung von hochwertigen Fotos und Videos im Nahebereich in 3D habt
  • ihr gerne kreative und künstlerische Medien erstellen wollt

Das Canon RF-S 7.8mm Objektiv ist für euch geeignet, wenn …

  • Ihr halbspährische (180°-3D) Medien erstellen wollt
  • Wenn ihr eine 3D-Kamera für den alltäglichen Einsatz sucht
Das Canon 7.8mm Objektiv mit dem Kameragehäuse Canon EOS R7 im Einsatz.

Das Canon 7.8mm Objektiv mit dem Kameragehäuse Canon EOS R7 im Einsatz. | Bild: Canon

Hintergrund 3D-Nahaufnahmen

Bei der Aufnahme von 3D-Medien ist der Abstand der Stereolinsen zueinander von Bedeutung. Beim halbsphärischen VR180-3D nähert man sich häufig dem durchschnittlichen Pupillenabstand des Menschen von 63 mm (vereinzelt 60 - 65 mm) an. Damit werden beim Betrachten der Medien annähernd die gleichen Größenverhältnisse wie in der realen Welt wiedergegeben.

Im Bereich der regulären 3D-Fotografie, wo man Medien ähnlich wie im 3D-Kino für eine Leinwand erstellt, hat man etwas mehr Spielraum. Unter anderem, weil man in den meisten VR-Medienbetrachtern diese Leinwand einfach vor- und zurückschieben kann, was auch die Wahrnehmung der Objektgröße beeinflusst. Acer verwendet für seine 3D-Kamera einen Linsenabstand von 63 mm,  Xreal Beam Pro verwendet einen Abstand von 50 mm. Wenn man es nicht wüsste, würde man den Unterschied zwischen 63 mm und 50 mm bei normalem 3D kaum bemerken.

Neuere iPhones verwenden nur 19 mm zwischen den Linsen. Es ist möglich, dass nach der Aufnahme in der Nachbearbeitung noch Veränderungen vorgenommen werden, die den Abstand größer erscheinen lassen. Mit dem Canon RF-S 7,8 mm-Objektiv haben wir nur einen kleinen Abstand von 11,8 mm. Dieser sehr kleine Abstand bedeutet, dass man sehr nahe an das Objekt herangehen muss, um einen relevanten Unterschied zwischen dem Bild für das linke Auge und dem Bild für das rechte Auge zu erhalten. Erst dann entsteht in der menschlichen Wahrnehmung der 3D-Effekt. Genau das macht Canon mit dem neuen Objektiv RF-S 7,8 mm, bei dem der empfohlene Objektabstand 0,15 - 0,5 Meter beträgt.

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Daten Canon RF-S 7.8mm Objektiv (bisher exklusiv für Canon EOS R7)

Canon RF-S 7.8mm für Canon R7 Kameragehäuse
Format Reguläres 3D (nur Nahaufnahmen)
Sichtfeld 63°
Sensor APS-C (22,3 x 14,9 mm)
Fotoauflösung (pro Auge) 3480x4640 (original)

1920x2160 (8:9 Crop Export)

1920x1080 (16:9 Crop Export)

Videoauflösung (pro Auge) 1920x2160 @ 60 fps
Blendenöffnung F/4.0 – F/16
Linsenabstand 11,8 mm
Preis Objektiv: 549 €

Canon R7 Kameragehäuse: 1.399 €

Medienverarbeitung

Wie bei anderen 3D-Objektiven von Canon wird das linke und rechte Bild durch das Objektiv gebündelt auf denselben Sensor projiziert. Das hat den Vorteil, dass die Aufnahmen immer synchron sind und keine Farbunterschiede durch zwei unterschiedlich kalibrierte Sensoren auftreten können.

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Das Stereobild des Canon 7.8mm Objektiv zeigt eine rote Blüte.

So landet das Stereobild des Canon 7.8mm Objektiv auf dem Sensor. | Bild: Peter Wehrli

Die direkte Aufnahme auf den Sensor ist noch nicht für die ideale Betrachtung optimiert. Dafür gibt es das Tool EOS VR Utility von Canon. Dieses ist für Fotos kostenlos. Für die Bearbeitung von Videos, die länger als zwei Minuten sind, ist jedoch ein Abonnement für ca. 60 € / Jahr erforderlich. In der aktuellen Version 1.5.10 gibt es einige neue Optionen für genau dieses Objektiv. So können folgende Einstellungen für den Export der Bilddaten gewählt werden:

  • 3D Theater, Crop Format 8:9
  • 3D Theater, Crop Format 16:9
  • 3D 180°, halbsphärisches Format, Bereiche außerhalb der Aufnahme sind schwarz. Hier sollte als Zielgröße 8192x4096 gewählt werden.

Auf den Bildern sieht das entsprechend so aus:

Die verschiedenen aus EOS VR Utility exportieren Formate des Stereobildes. Von oben nach unten: 3D Theater 8:9, 3D Theater 16:9, 3D 180°.

Bild: Peter Wehrli

Die verschiedenen aus EOS VR Utility exportieren Formate des Stereobildes. Von oben nach unten: 3D Theater 8:9, 3D Theater 16:9, 3D 180°.

Bild: Peter Wehrli

Die verschiedenen aus EOS VR Utility exportieren Formate des Stereobildes. Von oben nach unten: 3D Theater 8:9, 3D Theater 16:9, 3D 180°.

Die verschiedenen aus EOS VR Utility exportieren Formate des Stereobildes. Von oben nach unten: 3D Theater 8:9, 3D Theater 16:9, 3D 180°. | Bild: Peter Wehrli

Unsere Originalaufnahme mit 6960 × 4640 Pixeln wurde beim Export mit dem entsprechenden rechteckigen Ausschnitt auf 3840 × 2160 (8:9 Crop) bzw. 3840 × 1080 (16:9 Crop) geändert. Für das equirektangulare 180°-Bild haben wir eine Auflösung von 8192 × 4096, mit den außen schwarz gefüllten Pixeln.

Hier verliert Canon leider etwas an Qualität. Wie ein Vergleich mit einem Ausschnitt eines anderen Fotos der Blüte zeigt, gehen bei der maximalen Auflösung von equirektangulär 8Kx4K unnötig Details verloren. Hier wäre es der richtige Schritt, gerade auch im Hinblick auf zukünftige höher auflösende VR-Headsets, den Export mit 16384 × 8192 Pixeln anzubieten. Content-Creator sollten auf jeden Fall die Originaldateien behalten.

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Ein weiterer Schwachpunkt, der hoffentlich durch ein Software-Update behoben wird, ist, dass Canon EOS VR Utility die Kreise für 180°-3D pixelgenau scharf schneidet. Beim Betrachten in VR kann man die Stufen sehen, was die Immersion mindert. Es wäre wünschenswert, wenn Canon einen geglätteten Schnitt mit entsprechendem Anti-Aliasing erzeugen würde.

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Der Stempel einer roten Blüte in Nahhaufnahme.

Im Vergleich zur originalen Bilddatei verliert man beim 8K-Export ins equirektangulare Format einige Details. Eine Option für 16K-Export fehlt leider noch in Canon EOS VR Utility. | Bild: Original: Peter Wehrli. Ausschnitt: Daniel Pohl

Betrachtung in Virtual Reality

Für Virtual Reality kann man nun wählen, ob man die Bilder auf einer rechteckigen Kinoleinwand oder im equirektangularen, halbsphärischen VR180-Format betrachten möchte. Nach meinen eigenen Erfahrungen bei der Betrachtung der Bilder mit Quest 3 wirken die Bilder im equirektangularen Format am besten und eindringlichsten. Obwohl aufgrund der Auflösung einige Details verloren gehen, passt die Größendarstellung sehr gut, um den gigantischen Eindruck von Nahaufnahmen zu vermitteln. Auch die runde Darstellung der Inhalte erscheint mir natürlicher als die rechteckige Kinoleinwand.

Dennoch sind einige der Bilder schwer zu betrachten und führen zu einer ungewohnten Wahrnehmung und Augenbelastung. Als Beispiel dient das folgende Bild einer Blume, das bereits mit EOS VR Utility exportiert wurde:

Exportiertes Bild einer Blume. Das linke, obere Kronblatt ist nicht gleich gut auf beiden Augen zu sehen.

Exportiertes Bild einer Blume. Das linke, obere Kronblatt ist nicht gleich gut auf beiden Augen zu sehen. | Bild: Peter Wehrli

Beim Betrachten des Bildes ist es nun so, dass, wenn die Augen zum linken oberen Rand der Blüte wandern, das linke Auge noch die Blüte oben links sehen kann, während das rechte Auge diese Blüte nur abgeschnitten dargestellt bekommt. Natürlich kann man versuchen, die abzubildenden Objekte mittiger zu platzieren, aber bei einigen Bildern bleibt es trotzdem dabei, dass die horizontale Ausrichtung zwischen links und rechts nicht stimmt. Bei einigen Bildern kann man auch doppelte Kreisränder wahrnehmen.

Hier zeigt sich eine der großen Stärken von VR180-3D, die selten erwähnt wird: Dadurch, dass die gesamte Halbkugel vor einem abgebildet wird, hat man sehr viele Bereiche, in denen ein solcher Konflikt von Objekten, die nur für ein Auge sichtbar sind, gar nicht erst auftritt. Je kleiner der Gesamtblickwinkel ist, desto schneller kann das Problem auftreten.

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Bei anderen 3D-Kameras ist dies durchaus der Fall, etwa bei der Xreal Beam Pro und der 3D-Kamera von Acer. Dort ist es aber so, dass aufgrund des großen Field of View bei einer zylindrisch gekrümmten 3D-Kinoleinwand diese Bereiche beim Blick geradeaus auf das Bild nur sehr peripher sichtbar sind und daher weniger stören.

Die übliche Lösung besteht darin, die horizontale Ausrichtung zu verbessern, also die Bereiche auszuschneiden, die nicht für beide Augen sichtbar sind. Das kostenlose Tool Stereo Photo Maker Pro funktioniert mit der Funktion „Auto Alignment“ in der Regel sehr gut. Bei Testversuchen mit Canon 7,8mm Bildern erwies es sich jedoch manchmal als schwierig und es blieben Inhalte übrig, die nicht für beide Augen sichtbar waren. Die Funktion „Easy Alignment“ des Stereo Photo Makers, bei der man die Bilder visuell unterstützt zueinander verschieben kann, kann unter Umständen helfen. Abhängig von der Darstellung der Szene wurden dabei jedoch recht viele Bildelemente entfernt.

Während man mit vielen anderen 3D-Kameras annähernd Point-and-Shoot machen kann, muss man hier mehr aufpassen. Mit der Zeit wird man aber sicher Erfahrungswerte sammeln, welche Perspektiven gut und welche weniger gut funktionieren.

Die Stärken des Canon RF-S 7.8mm Objektiv

  • Bis auf selbstgebaute 3D-Kamera-Rigs ist das Canon Objektiv die einzig sinnvolle Möglichkeit hochqualitativ in den Bereich von 3D-Nahaufnahmen einzusteigen
  • Die Aufnahmen zeigen sehr viel Details und vermitteln das Erlebnis von nahen Objekten in 3D sehr gut.
  • Dank des großen APS-C-Sensors der EOS R7 ist die Bildqualität sehr hoch und, je nach Einstellung und Beleuchtung, kaum oder kein Bildrauschen bemerkbar
  • Die Aufnahmen sind wesentlich schärfer als die von Canons höherpreisigem Setup von EOS R5 (Mark II) mit der 5.2mm VR180-Linse, da relativ gesehen mehr Pixel für weniger Sichtwinkel zur Verfügung stehen
  • Großer Funktionsumfang durch das EOS R7 Kameragehäuse wie Langzeitaufnahmen, Autofokus, HDR, verschiedenste professionelle Einstellungen
  • Relativ günstiger Preis, wenn man bereits Besitzer der EOS R7 ist

Die Schwächen des Canon RF-S 7.8mm Objektiv

  • Geringere Immersion als bei 180°-3D-Aufnahmen
  • Schwieriger als bei anderen 3D-Kameras gute Ergebnisse zu erzielen
  • Nur für Aufnahmen im Nahbereich 0,15 bis 0,5 Meter – nicht für den Alltagseinsatz

Beispielfotos Canon RF-S 7.8mm Objektiv

Um einen besseren Eindruck der 3D-Fotos zu bekommen, habe ich euch eine fantastische Galerie der Aufnahmen des Canon RF-S 7.8mm Objektiv von Peter Wehrli mit knapp 20 Bildern erstellt, die jeweils in den drei Formaten 3D 180°, Theater 8:9 und Theater 16:9 exportiert wurden. Diese könnt ihr sowohl in der immerGallery Vollversion als auch in der kostenlosen immerGallery Demo direkt herladen. Geht dazu in der App auf Download, Custom URL, ändert das Dropdown auf immervr:// und tippt nun 78mm in das Adressfeld ein. Dann Enter und „Go!“.

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Fazit zum Canon RF-S 7.8mm Objektiv

Mit dem neuen Canon RF-S 7.8mm Objektiv kommt ein Spezialist für Nahaufnahmen zu den verschiedenen Möglichkeiten der Aufnahme von 3D-Inhalten hinzu. Die Bildqualität ist sehr gut und scharf, da im Verhältnis zum Bildwinkel relativ viele Pixel verwendet werden.

Allerdings schränkt die Beschränkung auf 0,15 bis 0,5 Meter den alltäglichen Einsatz ein. Daher ist meine Empfehlung für Interessierte im Bereich der 3D-Contenterzeugung, sich zunächst eine andere 3D-Kamera für die alltäglichen Fälle zu besorgen (z.B. Xreal Beam Pro, Acers ASEC-1 oder mit höherem Budget Canon EOS R5 mit 5,2mm VR180 Objektiv).

Erst wenn man die alltäglichen Fälle abgedeckt und ausgereizt hat und dann seiner Kreativität mit besonderen Aufnahmen freien Lauf lassen möchte, würde ich bei Interesse an Nahaufnahmen dazu raten, sich das neue 3D-Objektiv von Canon als weitere Kameraausrüstung zuzulegen.

Die Ergebnisse bei der Lösung von Problemen mit Bereichen, die nicht für beide Augen sichtbar sind, sind auf jeden Fall sehr beeindruckend und man kann Inhalte erstellen, die Aufmerksamkeit erregen und sich von vielen anderen im 3D-Bereich unterscheiden.

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Der Autor Daniel Pohl ist CEO und Gründer der Firma immerVR GmbH. Dort beschäftigt sich Daniel täglich mit den Neuerungen im Bereich immersiver Medien, meistens im Bereich von VR180 Stereofotos und Stereovideos. Mit seiner App immerGallery (Meta Horizon Store, Steam Store) kann man hochimmersive Fotogalerien, hinterlegt mit Voice-Overs und Hintergrundmusiken in verschiedenen VR-Formaten auf den Meta Quest Geräten erleben – auch zusammen im Multiplayer. Die App unterstützt auch Video-Wiedergabe für 2D / 3D, 180° und 360°.

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