Next-level Learning: Die Potenziale von XR als Wegbereiter für eine Zukunft des Lernens

Next-level Learning: Die Potenziale von XR als Wegbereiter für eine Zukunft des Lernens

Unser Bildungssystem steckt in einer Krise. Dies belegen zahlreiche Studien aus den letzten 15 Jahren. Es ist an der Zeit, neue Wege zu beschreiten, um diesen Missstand konstruktiv zu überwinden.

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Dieser Artikel wurde von unserer Gastautorin Stephanie Wössner verfasst und ist Teil ihrer MIXED-Kolumne über zukunftsorientiertes Lernen.

Unsere Bildungskrise ist Teil der Omnikrise, die nur überwunden werden kann, wenn wir die Angst vor der Veränderung ablegen und die Zukunft gemeinsam gestalten. Da unser Schulsystem aus der Zeit der Industrialisierung stammt, konzentriert sich das vorherrschende Mindset auf Gewinnen, Verlieren und messbare Leistungen. Dies deutet nach Simon Sinek auf ein endliches Mindset hin.

Das Leben im Zeitalter der digitalen Transformation und auch das nun notwendige lebenslange Lernen entspringen jedoch einem unendlichen Mindset. Diese Diskrepanz zwischen dem endlichen Mindset und dem unendlichen Spiel behindert die Entstehung von Vertrauen, echter Innovation und wirkungsvoller Kooperation – Schlüsselelemente, die für die Gestaltung einer lebenswerten Zukunft, das Ziel der Bildung, unabdingbar sind.

Was ist zukunftsorientiertes Lernen?

Zukunftsorientiertes Lernen ermöglicht Lernenden, autonom durch eigene Erfahrungen Selbstwirksamkeit zu spüren und ihr Handeln in einem relevanten Kontext zu reflektieren. Anstatt in traditionellen Rollen zu verharren und abprüfbares Wissen zu vermitteln, unterstützen Lernbegleitende als Lernpartner:innen die Lernenden aktiv bei der Verfolgung ihrer Ziele und Visionen.

Lernen findet in einer Umgebung statt, die Neugier, Experimentieren und Entdecken fördert und erlaubt, aus Fehlern zu lernen. Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung junger, aber auch älterer Menschen zu selbstbewussten, kreativen Mitgliedern der Gesellschaft, die bereit sind, sich den vielfältigen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu stellen und Lösungen zum Wohl der Menschheit zu erarbeiten.

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Im Kern dieses Ansatzes steht die Verschiebung von einem fremdbestimmten Lernmodell, wie es oft im aktuellen Schulsystem vorherrscht, hin zum selbstbestimmten, personalisierten Lernen. Dies ermöglicht es den Lernenden Fähigkeiten zu entwickeln, die für ein lebenslanges Lernen und die aktive Mitgestaltung unserer Zukunft unerlässlich sind. Es geht längst nicht mehr darum, durch Bildung in einer Lernfabrik möglichst homogene Arbeitskräfte zu produzieren, wie es in der Industrialisierung notwendig war.

Wieso brauchen wir zukunftsorientiertes Lernen?

Die Erfahrungen der letzten Jahre, etwa die Herausforderungen der Covid-19-Pandemie und die digitale Transformation, haben die Mängel des traditionellen, auf zeitgemäße Bildung ausgerichteten Ansatzes offenbart. Der Versuch, Bildung zu digitalisieren und das Festhalten an längst überholten pädagogischen Konzepten, haben sich als Sackgasse erwiesen.

Zukunftsorientiertes Lernen zielt auf eine tiefergehende Transformation der Bildung ab. Es fordert, personalisiertes Lernen, ein neues Verständnis von Gerechtigkeit, Vielfalt und Inklusion sowie die Entwicklung von Kompetenzen in den Vordergrund zu stellen. Es geht darum, die Rollen von Lernenden und Lehrkräften neu zu definieren und eine lebenslange Lernkultur zu fördern, die durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten getragen wird.

Die Integration von neuen Technologien und kollaborativen Praktiken dient dabei als Unterstützung, nicht als Hauptfokus, mit dem ultimativen Ziel, Lernende zu befähigen, an ihrer persönlichen, nationalen und globalen Zukunft aktiv teilzuhaben und diese mitzugestalten. Ein Beispiel, wie dies aussehen könnte, bietet NuVu aus Boston.

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Das OECD Learning 2030 Framework als pädagogische Basis

Das OECD Learning 2030 Framework definiert die Rahmenbedingungen für ein neues Verständnis von Lernen. Kerngedanke dieses zukunftsorientierten Ansatzes ist die Integration von Wissen, Qualifikationen sowie Haltungen und Werten in ein Set an Kompetenzen, das Individuen dazu befähigt, ihren Teil zum individuellen und gesellschaftlichen Wohlergehen ebenso beizutragen wie zum Wohl unseres Planeten.

Das Konzept setzt auf einen sogenannten Lernkompass, der als Leitfaden dient, um Lernende auf ihrem Weg zu unterstützen und gleichzeitig Eltern, Communitys, Lehrkräfte und Mitlernende als wesentliche Akteure in den Lernprozess einbezieht. Eine zentrale Rolle in diesem zukunftsweisenden Bildungsansatz spielt der „Raum“, in dem sich die Kompetenzen entwickeln können, die Menschen in der Zukunft handlungsfähig und -willig machen.

Dieser Raum geht weit über die physischen Grenzen traditioneller Klassenzimmer hinaus. Er ist eine dynamische Lernumgebung, in der sich Zukunftskompetenzen entfalten können. Er ist geprägt von einer Vielfalt an Lernkontexten, die von der Familie über Vereine und außerschulische Bildungseinrichtungen bis hin zur Schule reichen. Jeder dieser Räume trägt auf seine Weise zur Entwicklung der Lernenden bei und spiegelt die multifaktorielle Natur des Lernprozesses wider.

Die Rolle von Extended Reality (XR) im zukunftsorientierten Lernen

Extended Reality (XR) umfasst ein Spektrum von Technologien, die das Potenzial haben, die Prinzipien des zukunftsorientierten Lernens auf einzigartige Weise zu unterstützen, indem sie Gestaltungs-, Begegnungs- und Kommunikationsräume bieten, die die physische Welt mit der virtuellen Welt verbinden. Dadurch eröffnen sie im Einklang mit dem OECD Learning 2030 Framework eine ganz neue Dimension des Lernens und können uns auf dem Weg aus der Krise begleiten.

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Sie bieten also einen Raum, in dem Menschen jeden Alters ihre Fähigkeiten entfalten und Selbstbestimmung erleben können. Da die Technologie selbst in den Hintergrund tritt und der Mensch und seine Talente im Vordergrund stehen, ist dies eine weit menschlichere Art des Lernens als für gewöhnlich angenommen, wenn man Marketingbilder zu VR in der Bildung sieht.

Ihr Potenzial für die Zukunft des Lernens ist also nicht Wissensvermittlung, das Erleben längst vergangener Kulturen oder Jobtraining. Sondern die Entwicklung der Kompetenzen, die wir mit Blick auf eine exponentielle Zukunft benötigen, wenn die Zukunft nicht geschehen soll, sondern wir sie mitgestalten wollen. Wenn wir daraus einen Beruf oder eine Lebensaufgabe ableiten können, ist dies natürlich schön.

Bildung als Vorbereitung auf einen vermeintlich lebenslang ausgeübten Beruf zu verstehen, den es vielleicht in fünf Jahren nicht mehr gibt, ist jedoch zu kurz gegriffen – auch wenn VR sicherlich wertvolle Dienste im Bereich des Trainings leisten kann. Ebenso wenig zielführend ist es übrigens, einen digitalen Zwilling eines Klassenzimmers oder Hörsaals anzufertigen, um dort traditionellen Unterricht abzuhalten.

Definition der XR-Technologien und deren Potenziale

Das XR-Spektrum umfasst Augmented Reality (AR), Mixed Reality (MR) und Virtual Reality (VR). AR überlagert die physische Welt mit virtuellen Inhalten, beschränkt sich jedoch auf Visualisierungen und einfache Interaktionen, momentan meist über Mobilgeräte. MR ähnelt AR, geht jedoch darüber hinaus, da sie eine größere Interaktion mit den virtuellen Elementen ermöglicht. Dies geschieht entweder gestengesteuert (z.B. Handtracking) oder durch den Einsatz physischer Objekte (z.B. Merge Cube). So wird die physische Realität funktional erweitert.

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VR trennt sich vollständig von der physischen Realität und schafft immersive, interaktive virtuelle Welten. Nutzer:innen können sich in computergenerierten Räumen präsent und handlungsfähig fühlen, unabhängig davon, ob die Erfahrung mit oder ohne VR-Brille gemacht wird. Die Vielfalt der VR-Erlebnisse reicht von 360°-Umgebungen am Smartphone hin zu voll immersiven virtuellen Räumen, erlebbar mit sechs Freiheitsgraden (6DOF) und VR-Brillen. Und auch Videospiele, wie Minecraft, entsprechen diesen Kriterien.

Unterstützung der Prinzipien des zukunftsorientierten Lernens durch XR

Beim zukunftsorientierten Lernen entfalten vor allem Mixed Reality (MR) und Virtual Reality (VR) ihr volles Potenzial, wenn sie über bloßes Konsumieren hinaus für aktive, kreative und gestalterische Aktivitäten genutzt werden. Sie erweitern die Möglichkeiten für kreatives und kritisches Denken, indem sie immersive gestalterische Erfahrungen bieten können, die zur Exploration und Problemlösung einladen.

Sie schaffen Begegnungsräume, in denen Lernende gemeinsam an Projekten arbeiten und soziale sowie kommunikative Fähigkeiten entwickeln können. Dies ist besonders relevant für die Förderung von menschlichen Aspekten wie Zusammenarbeit und gemeinsamer Zukunftsgestaltung.

Ist XR der Weg aus der Krise und die Zukunft des Lernens?

In der dynamischen Lernumgebung des zukunftsorientierten Lernens ist XR ein Element, das im Zusammenspiel mit anderen Technologien, pädagogischen Ansätzen und gemeinschaftlichen Zielen ihr volles Potenzial entfalten kann. Sie ist also eine Zukunft des Lernens oder ein Ansatz, die Zukunft des Lernens mitzugestalten.

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In diesem Spannungsfeld von Technologien und menschenzentrierten Ansätzen kann sich das Lernen – nicht zuletzt spielerisch – transformieren, indem Lernende jeden Alters durch selbstbestimmte Erfahrungen und aktive Teilhabe ihr volles Potenzial entfalten können. Zu diesen Technologien gehören neben XR beispielsweise digitale Spiele im Kontext von Game-based Learning, KI und ein zukünftiges, kollektiv gestaltetes Metaverse. Die menschenzentrierten Ansätze umfassen Design- und Futures Thinking, die Ziele nachhaltiger Entwicklung, Persönlichkeitsentwicklung, personalisiertes Lernen und Fragen der Gestaltung von Lernumgebungen.

Die Zukunft des Lernens ist also geprägt von der Verschmelzung verschiedener technologischer und menschlicher Aspekte und Entwicklungen. Zukünftige Artikel werden konkrete Beispiele beleuchten, die die transformative Kraft von Extended Reality illustrieren.

Stephanie Wössner ist freiberufliche Referentin, u. a. für The Future:Project, und Beraterin für zukunftsorientiertes Lernen mit den Schwerpunkten Extended Reality, Game-based Learning, KI, Metaverse, Design and Futures Thinking. Hauptberuflich war sie über zehn Jahre Lehrerin und leitet mittlerweile die Stabsstelle Zukunft des Lernens am Landesmedienzentrum Baden-Württemberg. Mehr unter steffi-woessner.de und petiteprof79.eu.