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Podcast über Künstliche Intelligenz und Wissenschaft
KI bei der Bundeswehr und der BWI | DEEP MINDS #16

Eine Künstliche Intelligenz generiert eigenständig ein nerdiges, unaufgeräumtes Jugendzimmer aus den 80ern – und das im Stil des Grafikdesigners, von dem sie gelernt hat. Die Software Promethean AI könnte das Spieledesign revolutionieren.

Bereits 2017 hielt der KI-Entwickler Andrew Maximov einen Vortrag über die Zukunft der Videospiel-Produktion. Damals arbeitete er noch als technischer Artdirector bei Naughty Dog.

Seine These: Künstliche Intelligenz wird bei der Gestaltung virtueller Welten immer wichtiger. Sie werde Grafikdesigner allerdings nicht ersetzen, sondern ihre Arbeit erleichtern.

Maximov war bei Naughty Dog für die Uncharted-Serie verantwortlich. Bei den Spielen arbeiteten hunderte Gestalter über Jahre hinweg an detaillierten Texturen und feingeschliffenen Polygonen. Solche Produktionen würden immer kostspieliger, erklärt Maximov.

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Uncharted 4 erschien 2016 nach fünf Jahren Entwicklungszeit. Bei Naughty Dog arbeiteten bis zu 150 Personen gleichzeitig an dem Projekt. Bild: Sony

„Wenn du an die nächste Hardware-Generation denkst, können wir das nicht aufrechterhalten. In dieser Generation stiegen die Kosten für die Spielentwicklung von 40 Millionen US-Dollar auf 100 Millionen US-Dollar. Es könnten in der nächsten Generation 200 Millionen US-Dollar werden. Dann müssen Studios sieben Millionen Exemplare verkaufen, um profitabel zu sein“, sagt Maximov in einem Interview mit GamesBeat.

Eine Folge seien massive Überstunden und fragwürdiges Spieldesign wie Lootboxen. Wenn es aber gelänge, den Produktionsaufwand zu verringern, könne man auch die Kosten wieder senken.

„Es ist 2018, die Software lernt über dich“

Im Februar 2018 lies Maximov daher Naughty Dog hinter sich und gründete Promethean AI, benannt nach dem antiken Titanen Prometheus – je nach Mythos Schöpfer oder Beschützer der Menschheit.

Dort arbeitet sein fünfköpfiges Team an einer KI, die künstlerische Arbeit unterstützen soll. Ihre Aufgabe: Sie erledigt automatisiert zeitintensive, repetitive Aufgaben und unterstützt den Künstler bei seiner Kreativarbeit mit schnellen Prototypen.

Die KI schlägt dem Designer zum Tisch passende Objekte vor. Auf Wunsch zeigt sie Varianten eines Objekts. Bild: Screenshot

Maximov legt Wert darauf, dass es sich nicht um eine Software für die prozedurale Generierung von Inhalten handelt. Die KI baue keine vorprogrammierten Umgebungen – sie lerne von den Künstlern, die sie benutzen.

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„Es gibt keine Knöpfe, keinen Code, keine Schieberegler, keine Zahlen - du zeigst der KI, was du kreieren willst, du trainierst und korrigierst sie“, sagt Maximov. „Es geht um dich - den Künstler. Dein künstlerisches Schaffen ist Input und Interaktion mit der KI. Du musst dich nicht an eine Software anpassen oder sie lernen. Es ist 2018, die Software lernt über dich.“

Das Endprodukt ist beeindruckend

Die Promethean KI hat ein Verständnis für Objekte und Begriffe und wie sie miteinander in Beziehung stehen: Sie weiß, dass ein Computerbildschirm üblicherweise auf einem Tisch steht, an einen PC angeschlossen ist und eine Tastatur benötigt. Eine alte Spielekonsole aus den 80er Jahren gehört meist in ein thematisch passend eingerichtetes Jugendzimmer und steht in der Nähe eines Fernsehers.

Die KI weiß auch, dass ein Schlafzimmer ein Bett und eine Lampe benötigt. Sie beachtet sogar, ob es das Zimmer eines Teenagers oder das eines Erwachsenen ist und gestaltet das Zimmer entsprechend mehr oder weniger aufgeräumt.

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Auf Befehl räumt die KI auf, natürlich gibt es Zwischenstufen zwischen Teenie-Chaos und Vaddis Pedanterie. Bilder: Eigene Screenshots

Nach einer Trainingsphase soll die KI ganze Umgebungen und einzelne Szenen im Stil des Künstlers anfertigen können, der vor dem Rechner sitzt. Auf Wunsch ändert sie Material oder die Farbe jedes Objekts.

Die KI kann laut Maximov in alle Spiele-Designtools integriert werden. Die großen Spiele-Engines wie Unreal würden bereits unterstützt. Die 3D-Objekte für die Weltengestaltung nimmt sie aus einer vorhandenen Datenbank.

In Sekunden zur 70-Prozent-Lösung

Wie fast jede KI-Technologie steht Promethean im Verdacht, Menschen arbeitslos zu machen. Wenn die KI eine digitale Welt nahezu im Alleingang entwerfen kann, braucht es dann noch menschliche Künstler?

„Die Frage wird mir jedes Mal gestellt. Die KI schaut in den Kopf des Künstlers und sieht, wie er funktioniert. Die KI lernt von ihm. Wir wollen, dass der Künstler etwas beiträgt, Dinge optimiert, sie verschiebt und teilnimmt“, sagt er.

So glaubwürdig sieht der Raum zwar erst nach dem Feinschliff durch den Designer aus, aber: Der Arbeitsaufwand lag angeblich bei nur zehn Minuten. Bild: Screenshot

Die KI ersetze daher keine Jobs, sie löse ein Problem: Nur die Hälfte der anfallenden Tätigkeiten beim Game Design benötige kreative Leistung. Inhalte würden oft dutzende Male neu gebaut. Hier springe die KI ein:

„Künstler geben die Rahmenbedingungen vor, die KI füllt sie aus. Dann wendet sich der Künstler dem Feinschliff zu. Wir machen keine 100 Prozent. Wir bringen dich innerhalb von Sekunden zu 70 Prozent“, sagt Maximov. „Die Software ist wie ein Autopilot im Flugzeug. Die haben auch nicht die Piloten eliminiert.“

Promethean ersetzt keine Kreativität

Erst die Arbeit jenseits dieser 70-Prozent-Grenze sei kreatives Schaffen. Künstler müssten den Objekten und Szenen, die die KI generiert, Bedeutung geben, so Maximov.

Ihm pflichtet Kacper Niepokólczycki bei, der als Weltengestalter beim bekannten Spielestudio CD Projekt RED („The Witcher“) arbeitet.

„Promethean AI ist der nächste große Schritt für die Erstellung virtueller Welten. Es ist ein großer Zeitgewinn, der Freiraum für Kreativität schafft.“

Aktuell wird Promethean AI laut Maximov bereits von einigen Spielestudios eingesetzt. Eine offizielle Version ist in Planung, das Erscheinungsdatum noch unbekannt.

Übrigens war es Prometheus, der Zeus so verärgerte, dass er dessen Bruder Epimetheus die bekannte Pandora schenkte. Die kam bekanntlich mit einer ganz speziellen Büchse im Handgepäck.

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Max ist leitender Redakteur bei THE DECODER. Als studierter Philosoph beschäftigt er sich mit dem Bewusstsein, KI und der Frage, ob Maschinen wirklich denken können oder nur so tun als ob.
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