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US-Behörden verlangen ab sofort Unfallberichte von autonom fahrenden Vehikeln. Was müssen Unternehmen künftig melden und was wird veröffentlicht?

Die National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) verlangt künftig regelmäßig Berichte über Unfälle autonom fahrender Autos. Die neue Regelung gilt für alle 108 in den USA operierenden Unternehmen für autonomes Fahren und Fahrassistenzsysteme. Sie markiert eine erste Änderung der Politik gegenüber der Branche. Bisher wollten US-Behörden die technologische Innovation durch möglichst wenige Regularien fördern.

Meldepflicht für Unfälle von Systemen ab Level 2

Die neue Regelung betrifft alle Unternehmen, die automatisierte Fahrsysteme (ADS) und fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme (ADAS) ab SAE-Level 2 des autonomen Fahrens herstellen. Dazu zählen auch Teslas Autopilot oder Fords Blue Cruise, das im Ford Mustang Mach-E zum Einsatz kommt.

Der Ford Mustang Mach-E.
Der Ford Mustang Mach-E wird mit der Blue Cruise-Technologie für autonomes Fahren der Stufe 2 ausgerüstet. | Bild: Ford

Diese Systeme kombinieren verschiedene Assistenzsysteme und ermöglichen so unter bestimmten Bedingungen, dass Fahrzeuge selbstständig Gas geben, bremsen oder die Spur halten. Sie sind laut der kürzlich durch SAE und ISO angepassten Norm für autonomes Fahren Fahrassistenzsysteme zur teilweisen Automatisierung des Fahrens. Fahrer müssen sich weiterhin auf den Verkehr konzentrieren, dürfen die Hände je nach Modell vom Lenkrad nehmen.

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Audi, Apple, Tesla, Waymo und mehr – diese Unternehmen werden reguliert

In der Standing General Order spricht die NHTSA sämtliche Hersteller für autonomes Fahren und automatische Fahrassistenz direkt an. Zu den über hundert gelisteten Unternehmen zählen neben traditionellen Autobauern wie Audi, Mercedes-Benz, Porsche und Lamborghini auch Tech-Unternehmen wie Nvidia oder Apple. Dem iPhone-Hersteller wird schon seit Jahren nachgesagt, an einem autonom fahrenden Apple Car zu arbeiten. Offizielle Statements aus Cupertino gibt es bislang nicht.

Auch bekannte Hersteller, die an Fahrsystemen der Stufe 4 arbeiten, sind aufgeführt. Darunter Waymo, Cruise, Baidu, AutoX oder Amazons Zoox. Waymo führt seit 2018 mit seinem Dienst Waymo One autonome Taxifahrten in Arizona durch. Cruise erhielt kürzlich eine Lizenz für fahrerlose Taxis in Kalifornien – als erstes Unternehmen überhaupt.

Unfallberichte sollen Verkehrssicherheit gewährleisten

All diese Unternehmen müssen künftig einen Unfallbericht an die NHTSA schicken, wenn eines ihrer Fahrzeuge in eine Kollision verwickelt war. Die Behörde begründet diesen Schritt mit der rapide voranschreitenden Entwicklung der Technologie und der steigenden Anzahl an Testfahrten auf öffentlichen Straßen. Man müsse der eigenen Aufsichtspflicht über potenzielle Sicherheitsmängel in Fahrzeugen mit ADS und Level 2 ADAS nachkommen.

Die Unfallberichte brauche die NHTSA, um die Straßen für sämtliche Verkehrsteilnehmer sicher zu halten. Zu den meldepflichtigen Ereignissen zählen Unfälle, bei denen Airbags ausgelöst werden, Personen in ein Krankenhaus eingeliefert werden müssen, zu Schaden oder zu Tode kommen. Ebenso müssen Vorfälle gemeldet werden, bei denen Fahrzeuge abgeschleppt werden oder Fußgänger und Radfahrer involviert sind.

Verkehrssicherheitsorganisation: Unfallberichterstattung ist überfällig

Die Präsidentin der Verkehrssicherheitsorganisation „Advocates for Highway and Auto Safety“ Cathy Chase sieht die neue Regelung positiv. Die Unfallberichterstattung werde der NHTSA helfen, festzustellen, wie sicher die Systeme und ihre Fähigkeiten zur Unfallvermeidung wirklich sind.

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Aus den bislang freiwilligen Meldungen gebe es nur eine geringe Datenmenge: "Die Geschichte und die Erfahrung haben wiederholt gezeigt, dass freiwillige Vereinbarungen keine genauen, umfassenden und zuverlässigen Ergebnisse liefern", so Chase.

Unfallberichte autonomer Fahrsysteme werden veröffentlicht

Die NHTSA gibt an, die gesammelten Unfallberichte veröffentlichen zu wollen. Je nach Fall werden bestimmte Teile allerdings vertraulich behandelt. Dazu können die Versionen der verwendeten Technologie zählen oder ob das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Vorfalls innerhalb seines betrieblichen Designbereichs war.

Problematisch wird ein veröffentlichter Unfallbericht dann, wenn er durch Einflüsse geschieht, für die das entsprechende System nicht entwickelt wurde. Verunglückt ein Fahrzeug beispielsweise bei Schneeregen, muss das Unternehmen den Unfall melden. Es ist aber nicht sichergestellt, dass die Öffentlichkeit erfährt, ob die Technologie überhaupt für Schneeregen geeignet ist. Das könnte zu unberechtigtem Misstrauen gegenüber den Systemen führen.

Unternehmen können zwar Anträge auf Vertraulichkeit von bestimmten Informationen stellen. Die NHTSA stellt in ihrem Schreiben allerdings klar, dass "ein Antrag auf vertrauliche Behandlung nicht sicherstellt, dass die als vertraulich beanspruchten Informationen auch als vertraulich eingestuft werden."

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Ein erster Bericht muss der NHTSA innerhalb eines Tages nach Bekanntwerden des Unfalls eingehen. Weitere zehn Tage bleibt den betroffenen Firmen Zeit, um Details nachzureichen. Bleibt ein Unternehmen unfallfrei, muss es auch darüber einen monatlichen Bericht einreichen. Die Regelung der NHTSA gilt für die nächsten drei Jahre.

Titelbild: Pony.ai, Quelle: NHTSA

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Josef schreibt für THE DECODER über Robotik, autonomes Fahren, vernetzte Städte und smarte Geräte. Träumt von einem Smart Home, in dem sämtliche Sprachassistenten friedlich koexistieren.
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