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Ein Künstler überwacht Live-Streams der flämischen Regierung mit KI-Software und findet so Politiker, die lieber am Smartphone spielen, statt zu debattieren.

Gemeinhin wird KI-Überwachung als potenziell übermächtiges und sich verselbstständigendes Kontrollinstrument von Regierungen gefürchtet: So ist etwa der Einsatz von Gesichtserkennungstechnologie durch die Polizei höchst umstritten. Neben Microsoft-Präsident Brad Smith warnte auch der US-Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders vor einer 1984-Dystopie, in der ein Staat dank allmächtiger Datenverarbeitung alles sieht, kennt und weiß. Zuletzt erließ der US-Bundesstaat Maine ein strenges Gesetz gegen KI-gestützte Überwachung durch die Polizei.

Dass KI-Überwachung auch andersherum funktioniert, zeigt jetzt der belgische Künstler Dries Depoorter: Er ist bekannt für Kunst, die moderne Technologien in Installationen oder Aktionen aufgreift. Die Maschine "Quick Fix" verkaufte Likes und Follower, die Chat-App "Die With Me" funktioniert nur, wenn das Smartphone unter fünf Prozent Akku übrig hat und in der Installation "The Lookout" steuerten Besucher ungesicherte CCTV-Kameras per PlayStation-Controller.

In seinem neuen Projekt "The Flemish Scrollers" wendet sich Depoorter jetzt dem flämischen Parlament zu, das jede Sitzung live auf dem eigenen YouTube-Kanal streamt.

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Gesichts- und Smartphone-Überwachung

Sobald eine Sitzung auf YouTube übertragen wird, startet ab heute eine in Python geschriebene Überwachungssoftware, die in den Live-Bildern nach Smartphones sucht und Politiker identifiziert, die daran herumspielen, anstatt der politischen Debatte zu fröhnen.

Depoorters Software überprüft außerdem alle bereits übertragenen Sitzungen, die auf YouTube verfügbar sind. Aufnahmen identifizierter und abgelenkter Politiker werden automatisch auf Twitter und Instagram veröffentlicht mit der Aufforderung, sich besser zu fokussieren.

Die flämischen Smartphone-Nutzer befinden sich in prominenter Gesellschaft: Im Oktober 2019 gingen Aufnahmen des flämischen Minister-Präsidenten Jan Jambon durch die Presse, die ihn beim Angry Bird spielen während einer Regierungssitzung zeigten. Das war knapp ein Jahr bevor Belgien nach 653 Tagen Verzögerung im Oktober 2020 eine neue Regierung samt Premierminister gefunden hatte.

Depoorter will zeigen, was möglich ist

Laut Depoorter soll die KI-Überwachung der Regierung kein politisches Statement sein. So werde es etwa keine Statistiken geben, wer am häufigsten auf das Smartphone schaut. Stattdessen will der Künstler zeigen, was mit den neuen Werkzeugen möglich ist.

"Wie man sieht, wirft die Aktion Fragen auf. Bei meiner Arbeit geht es hauptsächlich um Datenschutz, soziale Medien und maschinelles Lernen. Ich will die Themen spielerisch und zugänglich rüberbringen, mal in einem Spiel, mal einer Webseite oder einer App, wie ich es zum Beispiel mit 'Die With Me' gemacht habe", so Depoorter.

Empfehlung

Für Politiker gibt's außerdem einen Kniff, um unentdeckt unaufmerksam zu bleiben: Tablet- oder Notebook-Nutzer werden von Depoorter nicht an den Social-Media-Pranger gestellt.

Via: DataNews

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Max ist leitender Redakteur bei THE DECODER. Als studierter Philosoph beschäftigt er sich mit dem Bewusstsein, KI und der Frage, ob Maschinen wirklich denken können oder nur so tun als ob.
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